Innovative technologische Lösungen in der Pflege
Der Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen, wie beispielsweise die Pflege, öffnet sich immer mehr für innovative technologische Lösungen. Die bisher eingesetzten Technologien bieten vorwiegend informationstechnische Unterstützung. Im Forschungsprojekt »Servicerobotik zur Unterstützung bei personenbezogenen Dienstleistungen« (SeRoDi) werden hingegen physisch assistierende Serviceroboter-Lösungen entwickelt. Projektleiter Christian Schiller spricht mit den Projektpartnern Gabriele Blume, Geschäftsführerin der Altenpflegeheime Mannheim, und Ricarda Fredl-Maurer, zuständig für die Qualitätssicherung im Pflegebereich an der Universitätsmedizin Mannheim, über das Thema.
Macht sich der demografische Wandel in der Pflege bereits bemerkbar?
Blume: Ja und nein. Die demografische Entwicklung ist ja nicht die unmittelbare Ursache für die zunehmenden Belastungen, sondern die immer knapper werdenden finanziellen Mittel einerseits und der Arbeits- und Fachkräftemangel andererseits.
Fredl-Maurer: Ja. Zunehmend haben wir es mit mehrfach erkrankten und dementen Patienten zu tun, die von immer älterem Pflegepersonal versorgt werden. Bereits heute wächst der Anteil der über 50-Jährigen in der Krankenpflege stetig an. Der Gesamtbedarf an Pflegekräften steigt erheblich: Immer weniger Pflegende für immer mehr Pflegebedürftige – dies kann zu Engpässen und zu mangelnder Qualität in der Pflege führen.
An welchen Stellen erhoffen Sie sich Unterstützung durch das Projekt »SeRoDi«?
Blume: Dank »SeRoDi« wird ein fahrerloses Transportsystem zum »Anreichen« benötigter Utensilien eingesetzt, die dadurch zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung stehen. Damit wird wertvolle Zeit frei, die die Pflegekräfte sonst mit der so genannten »Turnschuhlogistik« verbringen. Die Pflegekräfte können am Bett ihrer primären Dienstleistungstätigkeit nachkommen, ohne beispielsweise erst im Lager nach den benötigten Utensilien suchen zu müssen.
Fredl-Maurer: Das Projekt hilft, den Stationsalltag informationstechnisch und physisch zu unterstützen, logistische Prozesse zu optimieren, die Verbrauchsdokumentation zu automatisieren, das Bestellwesen zu verbessern sowie die Materialwirtschaft zu reduzieren. Die gewonnene Zeit durch die Entlastung der Pflegekräfte kann in die direkte Patientenversorgung einfließen.
Wie wird das Thema Servicerobotik von den Pflegekräften aufgenommen?
Blume: Grundsätzlich positiv. Jede noch so kleine Entlastung hilft, den oben beschriebenen Mangel ein bisschen abzubremsen und die Schere zwischen Anforderungen und Möglichkeiten nicht weiter auseinanderklaffen zu lassen, als es ohnehin schon der Fall ist.
Fredl-Maurer: Positiv. Von Bedeutung ist es, bei den Pflegenden die Neugierde für technische Innovationen zu wecken und den Nutzen der Servicerobotik aufzuzeigen. Dadurch werden Befürchtungen des Pflegepersonals entkräftet, dass zwischenmenschliche Interaktionen zum Patienten verloren gehen könnten.
Wo liegen die Herausforderungen für die Pflege in den nächsten Jahren?
Blume: Dem steigenden Unterstützungsbedarf der immer älter werdenden Menschen mit immer weniger Mitteln zu begegnen. Ein Spagat, der meiner Meinung nach nicht ohne mehr Geld im System bei gleichzeitigen Abstrichen bei den Versorgungsansprüchen und der gewollten und viel überprüften »Qualität« funktionieren kann.
Fredl-Maurer: Steigende medizinische und pflegefachliche Anforderungen an die Pflegenden durch Zunahme an Patienten mit demenziellen und Mehrfacherkrankungen sind ebenso Herausforderungen wie innovative Technologien und Digitalisierung, die in den Stationsalltag zu integrieren sind.