Ob durch Verwaltungsdigitalisierung oder die Nutzung von digitalen Angeboten im öffentlichen Raum – Bürgerinnen und Bürger hinterlassen in ihrem Alltag eine Vielzahl an Daten. Viele Kommunen sind sich noch nicht über die Gestaltungsmöglichkeiten bewusst, wie sie das Potenzial vorhandener Daten in ihrer Kommune für mehr Lebensqualität, weniger Ressourcenverbrauch, Kosteneinsparung, bessere Bürgerdienste oder effizientere Verwaltungsprozesse nutzen können. Für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung sind Daten ein wichtiges Werkzeug, da aus ihnen die Bedarfe von Bürgerinnen und Bürger abgeleitet werden können. Demnach zählt es zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren, dass städtische Verwaltungen erkennen und lernen, wie sie Daten sinnvoll nutzen können, um sich effizienter, bürgerzentrierter und digitaler aufzustellen.
Mit dem Handlungsleitfaden »Kommunale Daten richtig nutzen« bündelt das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO die mehrjährige Expertise von Forscherinnen und Forschern aus verschiedenen Fachbereichen, um einen praxisorientierten Zugang in das Thema Daten zu geben. Durch unterschiedliche Perspektiven wird aufgezeigt, welche Anwendungsfelder, Handlungsoptionen und Entwicklungsmöglichkeiten sich beim Einsatz von Daten anbieten. Der Leitfaden dient Kommunalverwaltungen zur Einschätzung des eigenen Entwicklungsstadiums im Hinblick auf die vielseitigen Möglichkeiten der Digitalisierung und dem Verständnis der Anforderungen, die heute und in Zukunft gestellt werden.
Technische Expertise allein reicht nicht: vier Handlungsfelder im Überblick
Je nach individuellen Erfahrungen, Kompetenzen und verfügbaren Ressourcen gibt es verschiedene Einstiegspunkte, um das Thema kommunaler Daten und Datenverwaltung langfristig und strategisch anzugehen. Dabei ergeben sich auch neue Fragen und Anforderungen, welche letztlich die Organisation, Strategie, gesellschaftliche Einbindung und wirtschaftlichen Aufgaben einer Kommunalverwaltung betreffen. Vor dem Hintergrund dieser Komplexität und den damit verbundenen Wechselwirkungen sind im Leitfaden vier Handlungsfelder und deren Entwicklungsstufen exemplarisch beschrieben. Damit können Kommunalverwaltungen nicht nur ihre eigenen kommunalen Aktivitäten und Ziele verorten, sondern erhalten auch mögliche Beispiele und Maßnahmen aus aktuellen Forschungsprojekten als Orientierungswissen. Zu den Handlungsfeldern gehören:
- GOVERNANCE kommunaler Daten: befasst sich mit dem Zielkonzept und der dazu passenden Etablierung von Rollen und Verantwortlichkeiten
- ERFASSUNG kommunaler Daten: adressiert Datenerhebung und -visualisierung in der Stadt sowie der Einbettung in ein Daten-Ökosystem
- ANALYSE kommunaler Daten: betrachtet die Service- und Innovationspotenziale, die sich aus einer analytischen Verwertung der Daten ergeben
- IN-WERT-SETZUNG kommunaler Daten: beschreibt wie sich die Daten ganzheitlich bewerten und notwendige Investitionen ableiten lassen
Chancen für Verwaltungsdigitalisierung, Bürgernähe, Stadtentwicklung und Kommunikation
Digitale Dienste, wie beispielsweise Beteiligungs-Apps oder Mobilitätsplattformen, ermöglichen eine interaktive und niederschwellige Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern in Veränderungsprozesse und -projekte. Informationen können durch Virtual-Reality-Anwendungen visualisiert und leichter verständlich aufbereitet werden, um die Partizipation zu verbessern. Außerdem tragen Daten dazu bei, neue Erkenntnisse für die Stadtentwicklung abzuleiten. Ein Blick in die Forschung zeigt, dass allein der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Verwaltungen eine noch viel größere Rolle spielen wird, um beispielsweise eine klimagerechte Stadt- und Quartiersentwicklung zu unterstützen. Auch in politischen Entscheidungsprozessen wird eine datenbasierte Informationsgrundlage zunehmend wichtiger, bei denen auch qualitativ hochwertige Daten beitragen können. »In der Zusammenarbeit mit vielen Stadtverwaltungen und Landkreisämtern zeigt sich für uns, dass die Digitalisierung beim nächsten wichtigen Kapitel ankommt: Nachdem auf breiter Basis Prozesse und Dienste digitalisiert werden, sollte es für Kommunen nun darum gehen, die vorhandenen Daten nachhaltig und gemeinwohlorientiert zu nutzen«, beschreibt Steffen Braun, Direktor des Forschungsbereichs Stadtsystem-Gestaltung am Fraunhofer IAO.
Der Handlungsleitfaden ist eines der Ergebnisse des Kommunalen InnovationsCenters (kurz KIC@bw), einem Angebot des Verbundprojekts Digitalakademie@bw mit dem Ziel, bedarfsgerechte Formate für Qualifizierung, Innovation, Wissenstransfer und Kulturwandel für Verwaltungen in Baden-Württemberg aufzubauen. Die Digitalakademie@bw wird vom Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg im Rahmen des Programms digital@bw gefördert.