Im Zuge der Energiewende und der Verkehrswende hin zu elektrifizierten Antrieben steigen die Anforderungen an die zunehmend dezentralen Energiesysteme und die zugehörige Netzinfrastruktur. Durch eine verstärkte Digitalisierung und die Kopplung verschiedener Sektoren wie Strom, Wärme und Mobilität ist dennoch ein effizienter, wirtschaftlicher und netzfreundlicher Betrieb lokaler Energieanlagen möglich. Diese werden dadurch zu sogenannten Microgrids, mit intelligent gesteuerten Energieerzeugern, -speichern und -verbrauchern. Doch damit wächst die Komplexität der Anlagen und Prozesse sowie diverser Finanzierungs- und Betriebsmöglichkeiten, was es Nicht-Fachleuten erheblich erschwert, ein solches Projekt anzugehen.
Studien liefern Überblick und Erfahrungen aus praktischem Projekt
Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und das kooperierende Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement IAT der Universität Stuttgart haben hierzu zwei neue Studien erstellt, um den Einstieg in die Thematik moderner Microgrids als Quartierslösungen zu erleichtern. In den Studien werden insbesondere auch die Anforderungen von Elektrofahrzeugen und zugehöriger Ladeinfrastrukturen berücksichtigt.
Der »Leitfaden zur Implementierung intelligenter Energiesysteme in Wohnquartieren« bietet einen breiten Überblick über Technologien, Betreibermodelle, Regularien und Fördermöglichkeiten. Außerdem enthält die Publikation eine Zusammenfassung der Erkenntnisse aus dem Projekt »SmaLES@BW«. Das Forschungsteam hat in einem Wohnquartier mit mehreren Gebäuden und einer gemeinsamen Tiefgarage ein komplexes Energiesystem geplant und gebaut. Dazu gehören: Photovoltaik-Anlagen, ein Blockheizkraftwerk, ein Lithium-Batteriespeicher sowie eine umfassende Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Sämtliche Komponenten wurden in eine intelligente Steuerung integriert. Ein Schwerpunkt des Projekts liegt in der Vermarktung der erzeugten Energie im Quartier selbst, über ein Wärme-Contracting und ein Mieterstrommodell. Hierfür werden alle Energieflüsse über vernetzte Messsysteme erfasst.
Microgrids ermöglichen einen effizienten Betrieb großer Lasten
In der »Technologiestudie Microgrid« werden mögliche Komponenten eines Microgrids vorgestellt und bewertet. Dazu gehören gängige Technologien, Varianten sowie deren Verbreitung und Marktanteile. Die Studie wurde als Grundlage für die Entwicklung von Simulationstools, für die Planung und den Betrieb von Microgrids im Projekt »c/sells« erstellt.
Wie ein Microgrid im praktischen Betrieb umgesetzt und angewendet wird, erforscht das Forschungsteam des Fraunhofer IAO seit einigen Jahren im Parkhaus des Fraunhofer Institutszentrums in Stuttgart. Mit einem Living Lab-Ansatz werden hier über 30 Ladestationen für Elektrofahrzeuge und zwei Gleichstromschnellladestationen mit einer Anschlussleistung von insgesamt über 500 kW seit 2011 im Regelbetrieb eingesetzt. Neben einer Photovoltaikanlage und einer Lithium-Batterie kommen unter anderem ein innovativer LOHC-Wasserstoffspeicher und eigens entwickelte, intelligente Steuerungssysteme zum Einsatz. Die Anlage wird stetig erweitert. Aktuell befinden sich zahlreiche neue Ladestationen und die Prozesse für das Laden von Mitarbeiterfahrzeugen sowie eine bidirektionale, induktive Ladestation in der Umsetzung.
Die Studien stehen auf den Seiten www.smales-bw.de sowie www.microsmartgrid.de kostenlos zum Download zur Verfügung. Hier sind auch weitere Informationen zu den zugehörigen Projekten und zum »Fraunhofer IAO Micro Smart Grid« zu finden. Die Studien wurden durch das Umweltministerium Baden-Württemberg über das Programm »Smart Grids und Speicher Baden-Württemberg« bzw. durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen der »Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende (SINTEG)« im Projekt »c/sells« gefördert.