Bis zum Jahr 2050 wird der Anteil der Menschen die weltweit in Städten leben auf mehr als zwei Drittel steigen. Während der Prozess der Urbanisierung in den Industrienationen weitgehend abgeschlossen ist, nimmt dieser in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern weiter Fahrt auf und stellt die dortigen Städte vor große Herausforderungen. Die wachsenden Ansprüche an die Mobilität aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte, der dynamischen ökonomische Entwicklung sowie der sozialen Unterschiede, führen dort zu einer Überlastung von bestehenden Verkehrsinfrastrukturen und beeinträchtigen die Lebensqualität. Die Studie »Emerging Urban Mobility« des Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO widmet sich daher der Zukunft der urbanen Mobilität in Schwellenländern und identifiziert mögliche Lösungsansätze.
Zuversichtlich in die Zukunft der Mobilität
Die Studie kommt auf Basis der internationalen Befragung der Stadtbevölkerung in den drei Fokusländern Mexiko, Marokko und Indonesien zu dem Ergebnis, dass diese grundsätzlich positiv auf die Zukunft ihrer Mobilität blickt. Doch auch wenn die Einwohner mehrheitlich davon ausgehen, dass die Mobilitätssituation zukünftig ihrer Wunschvorstellung entspricht, verdeutlicht die Befragung darüber hinaus, welche Herausforderungen die Städte meistern müssen. »In allen drei Ländern ist die Sicherheit der Mobilität für die Menschen das wichtigste Kriterium. Das zeigt uns, dass die mangelnde Verkehrssicherheit sowie die hohe Unfallgefahr ein großes Problem darstellen, das zukünftig gelöst werden muss«, erläutert Studienautor Patrick Ruess, Leiter des Teams »District Innovation Ecosystems« am Fraunhofer IAO.
Die zukünftigen Mobilitätsvorstellungen der Menschen orientieren sich stark an bestehenden und bekannten Lösungen. So bleibt das Auto für die Befragten auch in Zukunft das wichtigste Verkehrsmittel. In Marokko und Mexiko wird dem PKW das höchste Zukunftspotenzial zugeschrieben, in Indonesien landet es auf dem zweiten Platz. Die Ergebnisse zeigen laut »Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit«, dem Auftraggeber der Studie, dass es auf dem Weg zu klimafreundlicher Mobilität eine erhebliche Nachfrage nach alternativen Kraftstoffen in diesen Ländern geben könnte. Zum anderen wird im Hinblick auf die Klimaschutzziele deutlich, dass gerade in den Städten Wege gefunden werden müssen, um Klimaschutz und Individualverkehr zu vereinen und wirksame Massentransportsysteme als echte Alternative einzusetzen.
Von smarten Lösungen lernen
Zur Lösung dieser und weiterer urbanen Mobilitätsherausforderungen konnten im Rahmen der Studie die vier Handlungsfelder Digitalisierung und Datenverfügbarkeit, Governance in der urbanen Mobilität, zugängliche Mobilität und (flächen-)effiziente Mobilität identifiziert werden. Die untersuchten Best-Practices – wie das weltweit größte Bus Rapid Transit-System in Jakarta oder die Nutzung von Künstlicher Intelligenz zur intelligenten Verkehrssteuerung in Johannesburg – demonstrieren dabei bereits heute vielfältige Innovationen in Schwellenländern, die als Bausteine für die zukünftige Verkehrs- und Mobilitätsplanung eingesetzt werden können.
»Die Studie zeigt uns, dass kein Erkenntnis- oder Lösungsdefizit besteht, sondern viel mehr ein Umsetzungsdefizit« führt Stadtforscher Patrick Ruess aus. Auch wenn die Studie durch ihren Fokus keine allgemeingültigen Schlüsse für die heterogene Gruppe der Schwellenländer zulässt, so kann sie daher vor allem als Aufforderung für den internationalen Wissens- und Technologietransfer zur Gestaltung der zukünftigen urbanen Mobilität verstanden werden.