Die Arbeit der Polizeibehörden nimmt eine zentrale Rolle innerhalb unserer Gesellschaft ein. Angesichts der weitreichenden Befugnisse zum Eingriff in die persönlichen Freiheitsrechte aller Bürgerinnen und Bürger flammt die öffentliche Debatte um die Werthaltungen von Polizeiangehörigen immer wieder auf. Um diese sachlich führen zu können, ist eine umfassende empirische Grundlage erforderlich. Noch bis vor Kurzem mangelte es jedoch an einschlägigen Studien, die transparent offenlegten, wie es um die Werte der Bediensteten bestellt ist.
Adäquate und demokratische Transparenz kann es nur geben, wenn Polizeiinstitutionen sich öffnen und beforschen lassen, wie es das Bundeskriminalamt proaktiv forciert. Mit dem Forschungsprojekt »Werte im BKA« startete eine amtsweite Befragung, an der sich alle Beschäftigten des BKA beteiligen konnten. Die nun vorliegende Studie, die vom »Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI)« des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO durchgeführt wurde, ist somit auch eine Investition in die gesellschaftliche Akzeptanz der Behörde.
Ein sich drastisch veränderndes Berufsfeld
Im Rahmen der Studie »Werthaltungen und wertebezogene Erwartungen der Mitarbeiter/-innen des BKA« hatten alle Beschäftigten der Behörde die Möglichkeit, ihre Werte und ihre Wahrnehmung der Arbeitskultur des BKA zu reflektieren und mitzuteilen. Erfasst wurden unter anderem die Fragen: Welche Erwartungen bestehen an das BKA? Welche Werte sind wichtig, welche Herausforderungen werden gesehen? Was sollte das BKA verändern, was bewahren? Neben 60 Interviews wurde auch eine Online-Erhebung mit über 1800 Beteiligten verzeichnet. Die Ergebnisse des Forschungsberichts dienten bereits als Grundlage für die Entwicklung praktischer Maßnahmen – wie den neuen Wertekanon des BKA – innerhalb der Behörde.
Die Liste der Herausforderungen für das Bundeskriminalamt ist lang: Demografischer Wandel in der Belegschaft, Digitalisierung und Internationalisierung der Kriminalität sind im vollen Gange. »Die starken Veränderungen in der Personalstruktur führen auch zu einer zunehmenden Auseinandersetzung mit den Werten des BKA seitens der Belegschaft, was maßgeblich die Arbeitskultur beeinflusst«, ist sich der Projektleiter des Fraunhofer IAO, Dr. Clemens Striebing, sicher. Als verantwortungsbewusster gesellschaftlicher Arbeitgeber versucht das BKA, diesen Wandel aktiv mitzugestalten und hat deshalb das Fraunhofer IAO mit einer Bestandsaufnahme beauftragt, um eine Grundlage für Zukunftsstrategien zu erarbeiten.
Besonderheiten des BKA als Arbeitgeber
Das BKA ist in den vergangenen Jahren so stark gewachsen wie nie zuvor, hat seine Belegschaft in den letzten 20 Jahren beinahe verdoppelt und immer mehr Zuständigkeiten übertragen bekommen. Zudem weist die Behörde als Zentralstelle der deutschen Polizei andere Rahmenbedingungen auf als andere Polizeien bei Bund und Ländern. Beispielsweise stehen die BKA-Beschäftigten seltener in direktem Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern, Ermittlungsverfahren haben im BKA häufiger eine internationale Komponente und die Belegschaft weist einen wesentlich höheren Anteil von Beamtinnen und Beamten außerhalb des Vollzugsdiensts sowie von Tarifbeschäftigten auf. All diese Parameter machen das BKA als Arbeitgeber sehr individuell. Umso wichtiger ist eine spezifische Analyse, die das Fraunhofer IAO gewährleisten konnte. Die Studie setzte sich daher auch umfassend mit dem Arbeitsklima der BKA-Beschäftigten auseinander und identifizierte eine Reihe von Faktoren, die maßgeblich für die Arbeitszufriedenheit sind. Demnach ist ein sinnerfülltes und wirksames Arbeiten auch im BKA keine Selbstverständlichkeit. Es wird vor allem dort möglich, wo unbürokratische Arbeitsprozesse, transparente Karriereplanung und sinnstiftende Führungskräfte vorhanden sind.
Schritt in die richtige Richtung – nach wie vor Handlungsbedarf
Eine grundlegende Einsicht der vorliegenden Studie ist: Vorurteile und Diskriminierung sind Themen, mit denen sich die Behörde weiterhin auseinandersetzen muss. »Der öffentliche Diskurs um die Wertfestigkeit von Polizeiangehörigen ist wichtig und benötigt eine umfassende empirische Grundlage. Diese kann es nur geben, wenn Polizeiinstitutionen sich öffnen und beforschen lassen. Mit der vorliegenden Studie ist das BKA gemeinsam mit dem Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) des Fraunhofer IAO diesen Schritt gegangen und investiert somit auch in die gesellschaftliche Akzeptanz der polizeilichen Arbeit« sagt BKA-Präsident Holger Münch. Denn auch wenn die Neigung zu autoritärem Denken oder zur Abwertung bestimmter sozialer Gruppen am BKA nur durchschnittlich oder sogar unterdurchschnittlich ausgeprägt zu sein scheint, gibt es Raum für Verbesserungen und den Bedarf für eine weitere Sensibilisierung. So schätzen die Beschäftigten den Anteil von Personen mit möglicherweise diskriminierendem Verhalten am Arbeitsplatz in der Belegschaft jeweils durchschnittlich auf ein Fünftel. Die Arbeit des Fraunhofer IAO ist daher nur der Grundstein für die anstehenden Transformationsbemühungen innerhalb des BKA.