»Wir wollen Unternehmen aufzeigen, wie sie Quantencomputing für sich nutzen können und warum diese Technologie so viele Potenziale bietet«, erklärt Dr. Christian Tutschku, Leiter des Teams Quantencomputing am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und Mitverfasser der Studie. Der zentrale Mehrwert der Studie liegt laut Tutschku in der umfänglichen Betrachtung des Themas Quantencomputing (QC). Vorwissen werde dank einer Einführung in die Funktionsweise von Quantencomputern sowie in die wichtigsten Hardwarerealisierungen und Algorithmen kaum benötigt. Das vorgestellte Quantensoftware-Engineering-Modell zeige darüber hinaus Best Practices für die Entwicklung und Umsetzung von Quantensoftware.
Netzwerkprojekt zur Anwendung von Quantentechnologien
Das mögliche Potenzial von Quantencomputing für die Wirtschaft ist seit einigen Jahren bekannt. Deshalb arbeitet ein inzwischen weitreichendes Netzwerk aus Forschungsinstituten und Unternehmen in Deutschland und darüber hinaus intensiv an der Anwendung dieser Technologie. Für die Performanz von Quantencomputern ist neben der Hardware vor allem auch die Entwicklung der stark anwendungsbasierten Quantensoftware entscheidend. Dazu wurde im kürzlich abgeschlossenen Verbundprojekt »SEQUOIA« geforscht, dessen Ergebnisse die Studie zusammenfasst.
Software-Engineering industrieller, hybrider Quantenanwendungen und -algorithmen
Ausgehend von der Erforschung, Entwicklung und Erprobung industrieller, hybrider Quantenanwendungen und -algorithmen, dem zentralen Vorhaben von »SEQUOIA«, zeigt die Studie QC-Lösungen für sechs industrielle Anwendungsfälle auf. Diese stammen unter anderem aus den Bereichen Logistik, Energie und Fertigung und stellen, wie etwa die Routenoptimierung, klassische Optimierungsprobleme dar. Mit der Klassifizierung des gegebenen Problems geht auch die Auswahl eines geeigneten Algorithmus einher, der in enger Zusammenarbeit mit den Industriepartnern an die Anwendungskriterien angepasst und hin zu einer performanten hybriden Lösung weiterentwickelt wurde.
Fallstudien und zugehörige QC-Lösungen mit Demonstratoren selbst ausprobieren
Das Projektteam bietet Interessierten begleitend zur Studie die Möglichkeit, die in den Fallstudien erarbeiteten Quantenlösungen auf interaktiven Demonstratoren online selbst auszuprobieren. Da aktuelle Quantencomputer noch stark fehlerbehaftet rechnen und es daher einer nachgelagerten Anpassung des Algorithmus bedarf, wurden im Projekt Werkzeuge zur Fehlerabschwächung sowie zur Nachbearbeitung erarbeitet. Dieser Service ermöglicht es, Fehler in den Ergebnissen zu minimieren und die entsprechenden Daten zu erstellen und zu verwalten. Für ganzheitliches Quantensoftware-Engineering mit den entsprechenden Anwendungsschnittstellen dient schließlich die modularisierte Schnittstellen-Architektur der Quantenanwendungen.
Folgeprojekt »SEQUOIA End-to-End« startete im Januar 2023
In der zweiten Förderphase des »Kompetenzzentrum Quantencomputing Baden-Württemberg« unterstützt das baden-württembergische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus seit Jahresbeginn erneut fünf Verbundforschungsprojekte mit insgesamt mehr als 12 Millionen Euro über einen Zeitraum von 15 Monaten. Dazu gehört auch das Projekt »SEQUOIA End-to-End«. Ausgehend von den Ergebnissen in SEQUOIA befasst sich das Konsortium mit transparentem Quantensoftware-Engineering und dem Algorithmendesign anwendungszentrierter End-to-End-Lösungen. Heutige Flaschenhälse im gesamten Quantensoftware-Entwicklungsprozess gilt es, transparent zu machen und durch ganzheitliches Quantensoftware-Engineering performante, automatisierte und steuerbare End-to-End-Lösungen für industrielle Anwendungsfälle zu erforschen und bereitzustellen.