Seit inzwischen zehn Jahren entwickeln mehrere Fraunhofer-Institute gemeinsam mit Partnern aus Kommunen und Industrie in der Morgenstadt-Initiative Systeminnovationen für die Stadt von morgen. Die Gesamtkoordination erfolgt dabei durch das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Die interdisziplinäre Initiative versteht Städte als komplexe, adaptive Systeme und arbeitet mit verschiedenen Städten, Unternehmen und der Forschung zusammen, um lokale Innovationen und urbane Entwicklungen zu fördern und zu erproben. Basierend auf der Überzeugung, dass der Schlüssel für die großen Herausforderungen unserer Zeit in der klimaneutralen und digitalen Transformation unserer Städte liegt, ist es das erklärte Ziel, Lösungen und Transformationspfade für CO2-neutrale, lebenswerte und resiliente Städte aufzuzeigen und mit Hilfe von sozialen, technologischen und organisatorischen Innovationen beispielhaft umzusetzen und in die Breite zu tragen. Aus diesem Grund steht das neue Arbeitsprogramm für die Jahre 2022 und 2023 unter der Leitvision »die nachhaltige Smart City«. Damit adressiert die Morgenstadt-Initiative die Verflechtung der beiden Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, also die Schnittstelle zwischen Technologieentwicklung und nachhaltiger Stadtentwicklung hinsichtlich ihrer sozialen, ökologischen und ökonomischen Wirkungsmacht. »Die Smart City birgt große Potenziale für die nachhaltige Stadtentwicklung. Wichtig ist jedoch, dass sie dabei die Bedarfe der Bürgerinnen und Bürgern adressiert und ihre Umsetzung neben Klimazielen auch die soziale Integration fördert«, betont Hendrik Frieling, Forschungskoordinator der Morgenstadt-Initiative am Fraunhofer IAO.
Die Initiative stellt stets eine bevölkerungszentrierte Umsetzung in den Fokus ihrer Transformationsmaßnahmen und -aktivitäten. Dies bedeutet nicht nur, dass die Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden müssen und deren Bedürfnisse – insbesondere von vulnerablen Gruppen – in die Gestaltung der nachhaltigen Smart City mit einfließen sollen. Es bedeutet auch, dass die soziale Verträglichkeit der klimaneutralen Umgestaltung unserer Städte das zentrale Bewertungskriterium für die Auswahl und Gestaltung der Projekte bildet.
Dreiklang aus Marktgestaltung, Forschung und internationalem Wissenstransfer
Die Morgenstadt-Initiative verfolgt einen ganzheitlichen und integrativen Ansatz, der die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen widerspiegelt. Nachhaltige Lösungen sind demnach dem Gemeinwohl verpflichtet, sollen für Kommunen unabhängig von ihrer Größe und wirtschaftlichen Lage erschwinglich sein, und eine lebenswertere Stadt für alle ermöglichen. Dementsprechend zielen die Aktivitäten auf eine Skalierung bereits erprobter Lösungen und auf der Weitergabe der entsprechenden Expertise ab, u. a. durch Kooperationsprojekte für Kommunen jeder Größe in Deutschland und ganz Europa. Gleichzeitig wird die Entwicklung weiterer Forschungsprojekte vorangetrieben, um bestehende Lösungen zu optimieren und neue Lösungswege aufzuzeigen. Dieser Dreiklang findet sich in der Gliederung des Arbeitsprogramms in Form von drei großen Säulen wieder: »Marktgestaltung«, »Gemeinschaftliche Forschung und Entwicklung (FuE)« sowie »Globale Skalierung und internationaler Wissens- und Technologietransfer«.
Von Data Governance bis hin zur smarten Quartiersentwicklung
Zur Lösung einer spezifischen Herausforderung schließen sich Fraunhofer-Institute, Städte und Unternehmen innerhalb der Morgenstadt-Initiative in wechselnden Konstellationen zu einer Innovationspartnerschaft zusammen, um gemeinsam entsprechende Projekte und Formate zu entwickeln. Jede Partnerschaft zahlt dabei auf eine der drei zuvor genannten Säulen des Morgenstadt-Arbeitsprogramms ein.
Die Innovationspartnerschaft »Urban Data Partnership 2.0« soll nach dem erfolgreichen Projektabschluss der ersten Phase nun in die zweite überführt werden. Diese zielt darauf ab, ein gemeinsames Verständnis für die komplexen Strukturen, Prozesse und Entscheidungsgrundlagen bei der digitalen Transformation von Städten und Kommunen zu schaffen und praktische Handreichungen für die zuständigen Fach- und Führungskräfte bereitzustellen. Die wachsenden Möglichkeiten und Herausforderungen bei der Nutzung von kommunalen Daten waren auch Themenschwerpunkte der diesjährigen »Morgenstadt Daten-Konferenz« in Lemgo. Unter dem Motto »nachhaltig.digital« wurden verschiedene Ansätze beleuchtet, wie sich eine nachhaltige Digitalisierung in den kleinen und mittleren Kommunen gestalten lässt.
Mit der neuen Innovationspartnerschaft »Morgenstadt: Future District Alliance« startet ab Herbst 2022 eine einzigartige Innovationsplattform für smarte und klimaneutrale Quartiere von morgen. Ziel ist es, bestehendes Fraunhofer-Know-how für die innovative Quartiers- und Campusentwicklung in konkrete Projekte zu überführen, um eine Technologie-Vorausschau, Blaupausen sowie neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dazu findet am 11. Oktober dieses Jahres der Fachkongress »Future Districts Summit« im Münchner Werksviertel-Mitte statt.