Die fortschreitende Urbanisierung erhöht den Druck auf städtische Ökosysteme. Fassadenbegrünung, die Messung der Biodiversität, des Mikroklimas und die vegetative - also nicht technische - CO₂-Speicherung bieten Lösungsansätze.
Das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Projekt UrbanÖSL, hat nun wichtige Grundlagen für ein künftiges Zertifizierungssystem geschaffen. Ziel war es, Kommunen und private Unternehmen mit einem Standard auszustatten, mithilfe dessen sie ihren Beitrag zur Erhöhung der Ökosystemleistungen (ÖSL) und damit auch zur Verbesserung der Klimaresilienz durch den Ausbau grüner Infrastrukturen auf ihren verfügbaren Flächen messbar machen können. In seinem Endbericht präsentiert das Forschungsteam ihre Ergebnisse.
Biodiversität, Kohlenstoffspeicherung und Regulierung des Mikroklimas
Unter der Leitung des Instituts für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT) der Universität Stuttgart und in Zusammenarbeit mit der Flächenagentur Baden-Württemberg GmbH (FABW), konzentrierte sich das Projekt auf die Entwicklung eines umfassenden Standards. Dieser beinhaltet technische Richtlinien und Quantifizierungsmethoden für die Messung der Erhöhung der Biodiversität vor Ort sowie die urbanen Ökosystemleistungen Kohlenstoffspeicherung und Regulierung des Mikroklimas. Diese Faktoren spielen eine entscheidende Rolle für das menschliche Wohlbefinden und die urbane Resilienz angesichts des Klimawandels. Die erarbeiteten Standards bilden dabei die wissenschaftliche Basis für ein zukünftiges Zertifizierungssystem, das erstmals die Messung und Bewertung von Ökosystemleistungen im städtischen Raum ermöglichen soll.
»Bislang konzentrierten sich Zertifizierungssysteme hauptsächlich auf Flächen im ländlichen Raum, doch UrbanÖSL ebnet Projektplanerinnen und Projektplanern den Weg, naturbasierte Lösungen mit Fokus auf Ökosystemleistungen als Leitprinzip in ihre Planungsprozesse zu integrieren«, erklärt Lisa Botero Thumm, Projektkoordinatorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Forschungsteams »Climate Transition Strategies« am Fraunhofer IAO sowie IAT der Universität Stuttgart. Das IAT der Universität Stuttgart steht in enger Kooperation mit dem Partnerinstitut Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO.
Projektstruktur und Vorgehensweise
Das einjährige Projekt gliederte sich in drei Schwerpunktbereiche. Die Wissenschaftliche Grundlagenarbeit bildete den Ausgangspunkt für die Entwicklung technischer Leitlinien und Quantifizierungsmethoden zur Messung von städtischen ÖSL. Im Fokus standen dabei insbesondere die Themen grüne Infrastruktur, Biodiversität sowie die Auswirkungen von Stadtgrün auf Kohlenstoffbindung und Stadtklima.
In enger Zusammenarbeit mit Kommunen in Baden-Württemberg und Unternehmen wurden durch das IAT prototypische Grünkonzepte für eine praxisnahe Umsetzung entwickelt. An drei Modellstandorten wurde das Projekt erfolgreich erprobt: am Fraunhofer-Institutszentrum IZS in Stuttgart, an der EnBW-Verwaltungszentrale in Biberach a.d. Riß sowie am Steinachplatz der Stadt Nürtingen. Die dort entwickelten Grünkonzepte lieferten in der Evaluation wichtige Erkenntnisse, wie Ökosystemleistungen in ihrem urbanen Kontext gemessen und verbessert werden können. Anhand dieser konnten die entwickelten technische Leitlinien und Quantifizierungsmethoden also getestet und im Projektverlauf weiterentwickelt werden.
Durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen und Wissenstransfer in Stakeholder-Workshops, gelang es zum einen wichtige Partnerinnen und Partner für das Projekt zu gewinnen und darüber hinaus konnte ein erstes Netzwerk für die weitere praktische Anwendung und Weiterentwicklung des Standards aufgebaut werden.
Nächste Schritte
Das Projekt UrbanÖSL hat mit seinen entwickelten technischen Leitlinien und Quantifizierungsmethoden eine wichtige Grundlage für die Bewertung städtischer ÖSL geschaffen. Für die weitere Entwicklung eines praxistauglichen Zertifizierungssystems wurden bereits konkrete Schritte, wie die Validierung und Optimierung durch Expertinnen und Experten, die Einbindung einer Zertifizierungsstelle sowie die Berücksichtigung öffentlicher und privater Zielgruppen, identifiziert: »Mit UrbanÖSL haben wir einen vielversprechenden Ansatz entwickelt, der es Städten und Unternehmen ermöglicht, ihre Beiträge zu Biodiversität und Klimaanpassung messbar zu machen«, fasst Lisa Botero Thumm abschließend zusammen.