Wie gelingt eine nachhaltige Sanitärversorgung unter den Folgen des Klimawandels? Welche ressourcenschonenden und wassersparenden Alternativen bieten ländlichen Kommunen effiziente Anpassungsmöglichkeiten an die Veränderungen der Umwelt? Wasserstress ist schon heute in vielen Regionen auch in Deutschland zu beobachten, zudem ist längst nicht jeder Haushalt an das örtliche Abwassernetz angeschlossen. Auf der anderen Seite spülen wir täglich wertvolle Nähstoffe die Toilette hinunter, die dem Nährstoffkreislauf dauerhaft entzogen werden. Neuartige Trockentoilettensysteme und Recyclingdünger bieten Antworten auf drängende Fragen unserer Zeit.
Das Projekt »zirkulierBAR« erforscht in Eberswalde im Landkreis Barnim, wie der Umbau von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft erfolgen kann. Ziel ist dort, Nährstoffe aus verzehrten Lebensmitteln der Landwirtschaft zurückzuführen, um langfristig eine Alternative zu wasserabhängigen Sanitärsystemen und synthetischen Düngemitteln zu schaffen. An dem interdisziplinären Forschungsprojekt ist neben den teilnehmenden Kommunen und Partnern aus Forschung und Wirtschaft auch das Center for Responsible Research and Innovation CeRRI des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO beteiligt. Das CeRRI untersucht die Voraussetzungen für ein funktionierendes Innovationsökosystem und stellt entscheidende Aspekte für die Akzeptanzförderung der technologischen Neuerungen heraus. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms REGION.innovativ.
Innovationen für die Gesellschaft benötigen deren breite Akzeptanz
Wie ein solches innovatives System aussehen kann, zeigt in erster Linie die Entwicklung einer skalierbaren Verwertungsanlage für Inhalte aus Trockentoiletten. Allerdings hängt die erfolgreiche Umsetzung von Innovationen abseits der technologischen Komponenten auch von einem stabilen Netzwerk sowie einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz für die Innovationen ab. Das CeRRI des Fraunhofer IAO widmet sich daher zum einen der Frage, wie ein funktionierendes Innovationsökosystem gestaltet werden kann. Mithilfe des »Innovation System Strategy Tool« können die dafür benötigten Rollen und strategischen Schritte analysiert werden. Entscheidend für ein gelungenes Netzwerk sind flexible Interaktionsmöglichkeiten der beteiligten Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunalpolitik und Gesellschaft. Zum anderen geht es darum, den Nutzen für strukturschwache Regionen in den Fokus der Innovation zu rücken. Dazu gehört nicht nur ein regelmäßiger Wissensaustausch mit den Netzwerkpartner*innen, sondern vor allem mit der kommunalen Bevölkerung. Dazu müssen aufkommende Risiken und Kritikpunkte mit den Menschen vor Ort und im lösungsorientierten Dialog geklärt werden. Nur über diese aktive Einbindung aller Beteiligten kann das Ziel einer möglichst breiten gesellschaftlichen Akzeptanz für nachhaltige Innovation erreicht werden.
Reallabor zeigt die Notwendigkeit einer treibenden Kraft für Innovation
Auf dem Gelände der Kreiswerke Barnim GmbH betreibt die Finizio Future Sanitation GmbH in Eberswalde eine der ersten Anlagen für die Herstellung von qualitätsgesicherten Recyclingdüngern. Anhand eines solchen Erfolgsbeispiels lassen sich entscheidende Faktoren für ein stabiles Ökosystem und akzeptanzfördernde Maßnahmen ableiten. »Das Projekt ist für uns als Forschende eine tolle Gelegenheit, ein Innovationsnetzwerk mit all seinen Dynamiken zu beschreiben. Dadurch können wir viele verschiedene Erfolgsfaktoren für die Umsetzung von Innovationen entdecken«, betont Projektleiterin Hannah Bergmann. Wichtig sei vor allem ein motivierter Treiber des Netzwerks. Die Finizio Future Sanitation GmbH fördert mit ihrer innovativen Idee den Umbau der bestehenden Pilotanlage in Eberswalde in eine Forschungsanlage für nachhaltige Kreislaufwirtschaft.
Das interdisziplinäre Forschungskonsortium, bestehend aus Universitäten, Forschungseinrichtungen, kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie dem Landkreis Barnim, der Kreisstadt Eberswalde und den Kreiswerken Barnim, startete im Juni 2021 und wird voraussichtlich drei Jahre gemeinsam innovative Lösungen entwickeln.