»Kommunale Datenkompetenz bedeutet nicht, dass eine Sachbearbeiterin von heute auf morgen Datenanalystin werden muss« sagt Johannes Sautter, Projektleiter am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, der diese Sorge öfter zu hören bekommt. Vielmehr müssten kommunale Verwaltungen das Thema Datenkompetenz ganzheitlich auf verschiedenen Ebenen angehen und dabei stets die Menschen berücksichtigen, deren Arbeit mit Hilfe von Daten erleichtert und nicht etwa erschwert werden muss. Weiterhin kann gute Digitalisierung nur gelingen, wenn die dafür notwenigen Daten gemanagt werden und in angemessener Qualität verfügbar sind.
Innerhalb des Forschungsprojekts »Digitale Stadt gemeinwohlorientiert gestalten durch kommunale Datenkompetenzen« (kurz KoDaKo) im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) sowie des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) erarbeitet das Fraunhofer IAO gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung – Institutsteil für industrielle Automation IOSB-INA sowie dem Institut für Innovation und Technik (IIT) der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH anwendungsorientierte Ansätze zum Auf- und Ausbau von Datenkompetenzen im kommunalen Umfeld. Nach zahlreichen Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunen unterschiedlicher Größe sowie einer Online-Umfrage liegt nun eine Bestandsaufnahme vor, die offenlegt, wo kommunale Verwaltungen in ihrem Prozess in Richtung Datenkompetenz stehen, welche Herausforderungen sie sehen und welche Bedarfe bestehen, um die Transformation voranzutreiben.
Datenkompetenz auf allen Ebenen der kommunalen Verwaltung
Die wichtigsten Erkenntnisse der Publikation lassen sich in drei Erfolgsfaktoren zusammenfassen: Zum ersten müssen Kommunen ihre Datenkompetenz auf verschiedenen Ebenen aufbauen:
- Datenexzellenz: Die Organisation als Ganzes muss ihr kommunales Datenmanagement strategisch verankern und die eigenen Daten kennen, heben und nutzen.
- Data Literacy: Die einzelnen Mitarbeitenden müssen in Form von Weiterbildungen und zentral zur Verfügung gestellten Service und Tools dazu befähigt werden, kompetent mit Daten umzugehen, ohne selbst zu Datenspezialisten werden zu müssen.
- Data Governance: Das gesamte Datenmanagement muss innerhalb der Kommune und darüber hinaus vernetzt sein, damit keine Insellösungen entstehen.
Der so genannte Referenzrahmen bildet das letzte Kapitel der Publikation. Dies ist ein idealtypisches Modell, das diese drei Ebenen berücksichtigt und als Instrument für die Organisationsentwicklung beschreibt.
Weitere Erfolgsfaktoren liegen in der klugen Ressourcenplanung, denn diese sind vor allem bei kleineren Kommunen oft sowieso schon knapp bemessen. Ein Lösungsansatz dafür ist die interkommunale Zusammenarbeit: Wenn sich mehrere Kommunen zusammentun und an einem Strang ziehen, lassen sich zum einen Ressourcen sparen und beim Aufbau von Services für Datenemanagement und er Organisation des Data Sharings entstehen zudem häufig Synergieeffekte. »Es braucht eine Person, die sich des Themas annehmen kann und will. Wenn bereits überlastete Mitarbeitende auch noch zusätzlich ein Projekt zum Aufbau von Datenkompetenz nebenher stemmen müssen, ist das Vorhaben zum Scheitern verurteilt« sagt Johannes Sautter.
Vorgehensmodell und strategische Ressourcenplanung für kommunale Data Governance Projekte
Die wohl wichtigste, wenn auch nicht neue Erkenntnis, die aber leider immer noch zu wenig berücksichtigt wird: Datenmanagement ist kein technisches Thema. Wenn die betroffenen Menschen nicht rechtzeitig involviert und ihre Bedarfe nicht berücksichtigt werden, entstehen Lösungen, die nicht aktzeptiert und nicht genutzt werden.
Im nächsten Schritt erarbeitet das Forschungsteam ein Konzept, das im Projekt entwickelt wurde, um Datenkompetenz in kommunalen Verwaltungen umzusetzen. Bei dem Konzept handelt es sich um eine Mischung aus einem Referenz- und Vorgehensmodell inklusive Schritt-für-Schritt-Anleitungen mit einfach nutzbaren Office-Arbeitshilfen, so dass Datenmanagement sowie dazugehörige Ressourcenplanung ebenso wie Projekt- und Change Management auch ohne Rollout komplexer IT-Lösungen realisiert werden kann.
Interessierte Kommunen haben von 10. bis 12. Oktober 2023 beim 5. Forum »Urbane Daten« die Gelegenheit, das Vorgehensmodell im Rahmen eines Vortrags sowie als Teil von zwei Seminaren für strategische Entscheider sowie für Datenexzellenz-Verantwortliche selbst auszuprobieren. Das Forum gibt Einblicke in die Themen Data Governance, Datenstrategien, Data Science und Datenorientierte Smart Cities. Neben Fachvorträgen stehen zudem praktische Übungen an Fallbeispielen sowie Raum für Erfahrungsaustausch auf der Agenda.
Weiterhin startet demnächst eine neue Runde des Innvationsnetzwerks »Urban Data Partnership« der Morgenstadt Initiative. Im Rahmen dessen hat eine begrenzter Kreis an teilnehmenden Kommunen und städtischer Betriebe die Chance – moderiert durch Fraunhofer-Expertinnen und Experten aus mehreren Instituten – gemeinsam Strategien, Anwendungsfälle und Lösungen für Urban Data Governance aufzubauen. Interessierte finden mehr Informationen auf der Morgenstadt-Website.