Der Einsatz von klimaneutral erzeugtem Wasserstoff ist ein Schlüssel zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele. In der Logistik bietet H2 vielfältige Einsatzmöglichkeiten, z. B. als Antriebsstoff für den Schwerlastverkehr oder für Flurförderzeuge. Der ländliche Raum hat im Vergleich zu Ballungsräumen nicht nur einen erhöhten Bedarf an leistungsstarken Antriebstechnologien, sondern verfügt auch nur über Flächen zur Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff und hat damit das Potenzial, den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben – so die Hypothese zum Start der Studie.
Ganzheitliche Betrachtung durch Interviews mit Unternehmen verschiedener Bereiche
Die Studie »H2ALL« des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und der Hochschule Heilbronn betrachtet die Potenziale der drei Regionen Hohenlohekreis, Main-Tauber-Kreis und Bodenseekreis. Berücksichtigt wurden verschiedene Aspekte wie Versorgungskonzepte, potenzielle Akteure und ihre Bedarfe, logistische Anwendungsfälle für Wasserstoffantriebe sowie Herausforderungen beim Aufbau einer Versorgungsinfrastruktur. Insgesamt wurden 24 Interviews mit Unternehmen aus den Bereichen Energiewirtschaft, Transport, Industrie und Intermediären geführt, ergänzt durch einen Expertenworkshop, um eine umfassende Perspektive zu gewährleisten.
Timo Stöhr, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungs- und Innovationszentrum Kognitive Dienstleistungssysteme KODIS des Fraunhofer IAO beschreibt das Vorgehen: »Im Rahmen unserer Studie haben wir uns intensiv mit Unternehmen aus verschiedenen Branchen ausgetauscht und Simulationsverfahren angewendet, um realistische Möglichkeiten zur Verteilung von Wasserstoff in den ländlichen Regionen zu ermitteln.« Prof. Dr. Jens Hujer von der Hochschule Heilbronn und Projektleiter des Vorhabens ergänzt: »Die Ergebnisse unserer Studie bieten eine praxistaugliche Leitlinie zur Entwicklung einer nachhaltigen Wasserstoffversorgung im ländlichen Raum. Gerade für Logistiker ist der Wechsel zu nachhaltigen Antrieben ein wichtiger Schritt, der große Herausforderungen birgt.«
Potenziale des ländlichen Raums für die Wasserstoffwirtschaft
Obgleich H2 spannende Perspektiven bietet, stehen dem Aufbau noch einige Hürden entgegen. Viele Logistiker fühlen sich derzeit unsicher, welche Technologie die richtige und zukunftsfähigste für ihren Anwendungsfall ist. Es sind verschiedene Ansätze zur Versorgung denkbar, wie z. B. die Verteilung über einen zentralen oder mehrere dezentrale Knotenunkte oder ein direkter Import zu den Verbrauchern. Der Transport von Wasserstoff muss in der Regel noch mit Lkw erfolgen, da alternative Infrastrukturen im ländlichen Raum nur eingeschränkt verfügbar sind. Bei der Wahl des geeigneten Transportwegs müssen darüber hinaus die Investitionsstärke der Akteure, Transportvolumina, der zeitliche Umsetzungshorizont, die Verfügbarkeit von Verkehrsinfrastruktur, Zukunftsaussichten und eine Umweltverträglichkeit basierend auf CO2-Emissionen berücksichtigt werden.
In allen drei untersuchten Regionen wird der Einsatz von Wasserstoff als relevant angesehen. Eine lokale Erzeugung sowie ein Aufbau von Wertschöpfungsketten können eine relevante Ergänzung zum Import von Wasserstoff sein. Im Main-Tauber-Kreis wird der Aufbau einer umfassenden lokalen Erzeugung durch die »H-Allianz Main-Tauber«, einem Zusammenschluss aus lokalen Akteuren, geplant. In den 2030er Jahren wird erwartet, dass eine Wasserstoffwirtschaft mit dem Ausbau von leitungsgebundenen Transport- und Verteilnetzen im ländlichen Raum in weiten Zügen aufgebaut ist. Damit werden logistische Anwendungen flächendeckend ermöglicht.
Der Abschlussbericht des Projekts »H2ALL« mit Handlungsempfehlungen für Unternehmen steht kostenlos auf der Projektseite zur Verfügung.