Rund 30 Prozent des Verkehrs in deutschen Großstädten macht der Wirtschaftsverkehr aus: Warenanlieferung des Handels, Müllentsorgung, Paketsendungen, Essenslieferungen oder Fahrten durch Dienstleistungen von Handwerksbetrieben oder im Bereich Altenpflege – all das sind Beispiele für das breit gefächerte Spektrum des Wirtschaftsverkehrsaufkommens. Dabei nutzen Speditionen hauptsächlich schwere Nutzfahrzeuge, Kurier-, Express-, Paketdienstleister (KEP) haben vor allem leichte Nutzfahrzeuge im Einsatz. Im Dienstleistungsbereich werden häufig größere Pkw eingesetzt, die auf den Bedarf der jeweiligen Nutzung zugeschnitten sind (z.B. Kühlfunktion bei Apothekenlieferdiensten). Die im Wirtschaftsverkehr eingesetzten Fahrzeuge fahren derzeit größtenteils dieselbetrieben.
Alternative Antriebe für den Wirtschaftsverkehr
Um sowohl dem hohen Verkehrsaufkommen als auch der starken Emissionsbelastung in den Städten entgegenzuwirken, sind auch die Akteure im Wirtschaftsverkehr immer mehr gefordert, neue Mobilitätsformen zu nutzen. Batteriegetriebene Elektrofahrzeuge und Fahrzeuge mit Wasserstofftechnologie sind dabei die aktuell am häufigsten diskutierten Alternativen für einen lokal emissionsarmen Gütertransport. Vor diesem Hintergrund erarbeitet das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO im Auftrag der Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT) im Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA) Szenarien für die Lade- und Tank-Infrastruktur der Zukunft. Ziel des Projekts ist es, die Anforderungen elektrischer Lade- und Wasserstoffinfrastruktur vor dem Hintergrund einer gewerblichen Nutzung im Jahr 2030 zu beleuchten.
Der Einsatz alternativ betriebener Fahrzeuge stellt Unternehmen vor mehrere Herausforderungen. Aufgrund fehlender Tankinfrastrukturen oder der begrenzten Reichweite der Fahrzeuge kann es beispielsweise passieren, dass die Tourenplanung verändert werden muss. Außerdem gilt es, das Betanken beziehungsweise Laden des Fahrzeuges zu planen, was zu Änderungen der Betriebsabläufe führen kann. Neben diesen Herausforderungen im Unternehmen müssen die technischen Infrastrukturen angepasst werden, insbesondere, wenn viele Elektrofahrzeuge lokal konzentriert geladen werden (z.B. in Betriebshöfen).
Szenarien für die gewerbliche (Lade-)Infrastruktur im Jahr 2030
Das Forscherteam des Fraunhofer IAO betrachtet unterschiedliche Nutzergruppen und Örtlichkeiten, um spezifische Aussagen zur zukünftigen Ausgestaltung und Nutzung der Infrastrukturen sowie der Fahrzeuge treffen zu können. Im ersten Arbeitsschritt ermittelt das Forschungsteam auf Basis leitfadengestützter Interviews die Anforderungen an Lade- und Tankinfrastrukturen seitens ausgewählter Logistikdienstleister. Parallel dazu erstellt es eine Markt- und Technologieübersicht und veranschaulicht mögliche Geschäfts- und Betreibermodelle für Ladeinfrastrukturen. Auf dieser Grundlage entwickelt das Forscherteam Szenarien für das Jahr 2030. Anhand dieser Szenarien erfolgt dann eine technische Analyse der Ladeinfrastruktur. Die wird mit Hilfe von am Fraunhofer IAO entwickelter Simulationsmodelle für exemplarische lokal konzentrierte Ladeinfrastrukturen durchgeführt.
Die Ergebnisse werden am Ende der Projektlaufzeit in einem Expertenworkshop präsentiert, bewertet und die Auswirkungen der Szenarien auf den Stadtverkehr diskutiert und in der FAT-Schriftenreihe veröffentlicht.