Wie kann man Silogrenzen zwischen Verwaltung, Wissenschaft und Gesellschaft überwinden, um kreatives Potenzial für komplexe Herausforderungen zu entfalten? Innovationsräume bieten hierbei die ideale Plattform, um den Austausch zu fördern und gleichzeitig neue Arbeitstechniken für die Entwicklung von bedarfsgerechten Lösungen bereits in Frühphasen zielgerichtet einzusetzen. Doch welche Arten von Innovationsräumen gibt es? Unter welchen Voraussetzungen können Innovationsräume in Kommunen erfolgreich sein - und worauf muss insbesondere bei dem Innovationsprozess zwischen kommunaler Verwaltung und Innovationsraum geachtet werden? Um diese Fragen zu beantworten, hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO im Rahmen des Kommunalen InnovationsCenter KIC@bw die Studie »Kommunale Innovationsräume für digitale Zukunftskommunen« veröffentlicht. Dafür hat das Forschungsteam Expert*innen aus Wissenschaft, Technik, Verwaltung sowie Kommunikation interviewt und knapp 50 bestehende Beispiele analysiert. Die Studie identifiziert 13 entscheidende Faktoren für den Erfolg von Innovationsräumen, beinhaltet konkrete Handlungsempfehlungen für den Innovationsprozess, die als Leitfaden für kommunale Verwaltungen dienen sollen, und gibt Einblicke in ausgewählte Erfolgsbeispiele aus der Praxis.
Vernetzung und Wissenstransfer über alle Ebenen hinweg
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die betrachteten Innovationsräume einen zentralen Bestandteil leisten, um die kommunale Kultur zu prägen, zu gestalten oder zu verbessern. Das zeigt sich auch in den Kommunen wie Steffen Braun, Direktor des Forschungsbereichs Stadtsystem-Gestaltung am Fraunhofer IAO bestätigt: »Mittlerweile haben mehr und mehr Kommunen in Baden-Württemberg die Bedeutung in ihrer eigenen Digitalisierungsstrategie erkannt und Innovationsräume eingerichtet – Tendenz steigend, nicht nur bei den Großstädten.« Die identifizierten Erfolgsfaktoren sind in interne und externe unterteilt, abhängig davon, wie stark diese von den Beteiligten selbst gestaltet werden können. Entscheidend für den Erfolg eines Innovationsraums ist unter anderem das Raumkonzept: Je modularer und flexibler dieser aufgebaut ist, desto besser können die Nutzer*innen auf unterschiedliche Nutzungsszenarien reagieren. »Es ist wichtig zu verstehen, dass Innovationsräume in der digitalen Transformation nur die Spitze eines Eisbergs darstellen«, erklärt Martin Feldwieser vom Fraunhofer IAO. »Der Großteil ist nicht sichtbar. So verhält es sich auch mit den Erfolgsfaktoren und Voraussetzungen für die Wirkung. Entscheidend sind am Ende die richtige Verwaltungskultur, die richtigen Partnerschaften, die richtigen Prozesse und Spielregeln.«
Next:Lab: das »Lebende Labor« für aktuelle und zukünftige Forschungsfragen
Ein Beispiel für die mögliche Implementierung der identifizierten Erfolgsfaktoren ist das Next:Lab. Dieses entstand begleitend zur ersten Projektphase des KIC@bw am Fraunhofer IAO in Stuttgart mit dem Ziel, lokale Akteur*innen aus Wirtschaft, Stadtverwaltung und Zivilgesellschaft zur gemeinsamen Entwicklung von Innovationen fachlich und zwischenmenschlich zusammenzubringen. Konzept und Gestaltung resultieren auf den Forschungserkenntnissen von Projekten mit über 200 Kommunen in Baden-Württemberg. Somit dient es als »Lebendes Labor« für aktuelle und zukünftige Forschungsfragen aus der kommunalen Praxis und wird laufend weiterentwickelt. Die Expert*innen des Fraunhofer IAO unterstützen den gesamten Entwicklungsprozess einer Innovation mit ihrem Know-how und entsprechenden Werkzeugen von der Ideenentwicklung bis hin zur Umsetzung.
Digitalisierung im Land gemeinsam gestalten und auf lokaler Ebene beginnen
Die Studie ist auf Basis des Praxiswissens und der Analyse konkreter Praxisbeispiele entstanden, die das Forschungsteam während der zweijährigen Projektphase des KIC@bw innerhalb der sogenannten »Digital.Labore« sammeln konnte. Dabei haben die Expert*innen Städte, Gemeinden und Landkreise vom Schwarzwald bis nach Oberschwaben mit »mobilen Innovationsräumen auf Zeit« bei ihren Herausforderungen begleitet. Das KIC@bw gehört zu der Landesinitiative Digitalakademie@bw, die vom baden-württembergischen Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration initiiert wurde, um Kommunen, Landkreise und Regionen bei der digitalen Transformation zu unterstützen. In der zweiten Phase liegt der Fokus auf dem Wissenstransfer zwischen Kommunen, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, um damit Co-Innovation und Skalierung von Lösungen zu stärken.
Um Digitalisierung erlebbar zu machen und die unterschiedlichen Aspekte auf lokaler Ebene zu diskutieren, findet jährlich der bundesweite Digitaltag der Initiative »Digital für alle« statt, dieses Jahr am 18. Juni 2021. Auch die Expert*innen des Fraunhofer IAO werden ihre Erkenntnisse in den verschiedenen Formaten einbringen.