Mehr als 60 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland haben laut einer PwC-Studie aus dem Jahr 2023 erkannt, dass sie sich der grünen Transformation stellen müssen. Kein Wunder, denn der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit wird nicht nur lauter, sondern der Handlungsdruck ist auch konkret: Neben neuen regulatorischen Auflagen und Vorschriften auf nationaler und EU-Ebene berücksichtigen Banken und Investoren zunehmend Nachhaltigkeitsaspekte in ihren Finanzierungs- und Anlagenstrategien. Und nicht zuletzt erwarten Kunden und potenzielle Mitarbeitende ein hohes Maß an Nachhaltigkeitsengagement von Unternehmen. Zu Recht, wie die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels weltweit zeigen.
Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammendenken
Gleichzeitig sind deutsche mittelständische Unternehmen mit der Herausforderung der digitalen Transformation konfrontiert. Sie stehen somit vor Fragen wie:
Führt die Digitalisierung nicht auch zu einem höheren Energie- und Rohstoffverbrauch, der mit der Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Informations- und Kommunikationstechnologien einhergeht? Wie kann es, parallel zur Digitalisierung gelingen, Nachhaltigkeit langfristig und erfolgreich im Unternehmen zu verankern? Und das ohne »Greenwashing«, sondern als glaubwürdiger und effektiver Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung unserer Wirtschaft und Gesellschaft?
Schritte zur nachhaltigen Digitalisierung im Mittelstand
Um Hilfestellung bei diesen Fragestellungen zu geben, starten das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und die Bertelsmann Stiftung die Studie »Erfolgsfaktoren gelingender doppelter Transformation«. Die Forschungspartner haben bereits Anfang des Jahres eine Metastudie zum Stand der Forschung zum Thema veröffentlicht. Ziel ist es nun im direkten Gespräch mit ausgewählten Unternehmen die wesentlichen Faktoren und Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche doppelte Transformation im unternehmerischen Kontext zu erforschen. Es soll analysiert werden, welche Treiber und Akteure diese in Gang setzen und herauszufinden, welche Prozesse, Strategien und Entscheidungswege notwendig sind, um den Wandel im Unternehmen umzusetzen. »Uns interessiert auch, welche übergreifenden Rahmensetzungen wie z.B. Berichterstattungspflichten wie wirken und welche Einschätzung betriebliche Entscheider hierzu haben. Genauso interessieren uns die unternehmenskulturellen Voraussetzungen einer erfolgreichen doppelten Transformation« sagt Dr. Josephine Hofmann, Teamleiterin der Forschungsgruppe »Zusammenarbeit und Führung« am Fraunhofer IAO. »Das Ziel ist aus unserer Sicht unter anderem, den Zusammenhang von Digitalisierung und Nachhaltigkeit endlich mit betrieblicher Praxis anzureichern. Immer wieder erleben wir in Gesprächen mit Unternehmen, dass diese beide Transformationen gern vorantreiben würden, im Tagesgeschäft aber der Freiraum für neue Ideen fehlt. Dieses Vakuum würden wir gern adressieren.«, so Dr. Ole Wintermann, Senior Project Manager Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft bei der Bertelsmann Stiftung.
Claudia Ricci, verantwortliche Projektleiterin am Fraunhofer IAO ergänzt: »Der Wandel hin zu nachhaltigen und digitalen Unternehmen ist weit mehr als der nächste Beratungstrend. Es geht darum, unser Wirtschaftssystem und unsere Gesellschaft für aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu wappnen. Wir wollen untersuchen, welche Rolle die Unternehmensgovernance im Sinne von Strategie, Prozessen und Strukturen dabei spielt.« Mit der Studie möchte das Forschungsteam nicht nur erfahren, wo mittelständische Unternehmen stehen und welche Maßnahmen bereits erfolgreich umgesetzt wurden, sondern auch den Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch zwischen den Unternehmen fördern und aus den Erkenntnissen konkrete Handlungsempfehlungen entwickeln. Denn nur mit vereinten Kräften lässt sich die doppelte Transformation bewältigen.