Die Auswirkungen der Elektrifizierung der Antriebe sowie von Produktivitätssteigerungen auf die Beschäftigung werden erheblich sein. In Deutschland werden per Saldo – bei als wahrscheinlich angenommenen Entwicklungen – rund 75 000 Arbeitsplätze in der Herstellung von Antriebssträngen, wo insgesamt ca. 210 000 Menschen tätig sind, wegfallen. Darin ist schon eingerechnet, dass rund 25 000 neue Stellen für Komponenten wie Batterien oder Leistungselektronik entstehen werden. So lautet ein Ergebnis der Studie »ELAB 2.0 – Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland« des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Trotzdem kann die Verbreitung der Elektromobilität beispielhaft für einen erfolgreichen Strukturwandel werden, sofern entsprechende Voraussetzungen geschaffen und Maßnahmen getroffen werden. Diese sind nun zusammen mit den Ergebnissen vollständig veröffentlicht.
Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sind gleichermaßen gefordert
Die Politik wird aufgefordert, die EU-Kommission bei der CO2-Regulierung zu unterstützen und ausreichende Anrechnungsoptionen für Plug-in-Hybride zuzulassen. Außerdem muss die Politik den Strukturwandel mit einer gezielten Industrie- und Beschäftigungspolitik flankieren, die Bedingungen für deutsche Standorte im Wettbewerb mit Ländern mit niedrigen Lohnkosten verbessern und Programme zur Förderung und Höherqualifizierung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auflegen. »KMU haben einen sehr großen Anteil an der positiven Wirtschafts- und Beschäftigungssituation in Deutschland«, konstatiert Prof. Dr. Oliver Riedel, Institutsleiter des Fraunhofer IAO. »Angesichts der zu erwartenden Entwicklungen in der Elektromobilität müssen sie nun dringend neue Geschäftspotenziale erschließen, um ihre Position am Markt sichern zu können.«
In Unternehmen besteht ein wesentlicher Handlungsbedarf darin, die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den bevorstehenden Wandel und die damit einhergehenden Veränderungen zu sensibilisieren und zu qualifizieren – stets unter Einbindung der betrieblichen Mitbestimmung wie beispielsweise einem Betriebsrat. Des Weiteren müssen sie die Herausforderung bewältigen, »neue« Komponenten bereits herzustellen, während konventionelle weiterhin unverändert benötigt werden. Die Wissenschaft und Lehre ist dahingehend gefordert, Studieninhalten und Studienrichtungen mit Relevanz für die Elektromobilität größere Bedeutung beizumessen. »Es ist unabdingbar, dass Inhalte für die Elektromobilität mehr Aufmerksamkeit und Zeit im Hochschulstudium bekommen. Bei Bedarf müssen dafür Inhalte mit Bezug zur Verbrennungskraftmaschine reduziert werden«, so Riedel.
Studie untersucht Beschäftigungswirkungen durch Zählen von »Köpfen«
Initiiert wurde die Studie von IG Metall, BMW, Bosch, Daimler, MAHLE, Schaeffler, dem Verband der Automobilindustrie, Volkswagen sowie ZF. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer IAO haben zusammen mit dem DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte die Beschäftigungswirkung der Elektromobilität basierend auf der Zahl von Personen in der Fertigung der beteiligten Unternehmen untersucht. Ihre Arbeit unterscheidet sich somit von anderen Untersuchungen, die auf Wirtschaftskennzahlen beruhen. Aufgrund der detaillierten Datengrundlage, die zudem mehr als die Hälfte der Wertschöpfungsketten in der Antriebsstrangherstellung in Deutschland repräsentiert, sind die Ergebnisse in hohem Maße valide.