Daten auswerten, Prozesse optimieren, Fehler erkennen – schon heute übernimmt die KI in Unternehmen verschiedene Aufgaben. Meist sind es die größeren Firmen, die solche Entwicklungen vorantreiben. Da es in den letzten Jahren aber so große Fortschritte mit der Technologie gegeben hat, denken nun auch verstärkt kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) darüber nach, wie sie KI für sich nutzen könnten.
Einen Einstieg in dieses Thema bietet die Studie »Einsatz von KI mit Fokus Kundenkommunikation« des Fraunhofer IAO. Sie entstand im Rahmen des KI-Fortschrittszentrums »Lernende Systeme und Kognitive Robotik«. Dieses Netzwerkprojekt unterstützt speziell KMU dabei, Wege zu finden, von dieser Technologie zu profitieren. »Viele der Unternehmen fragen sich: Was kann ich von der KI erwarten? Worauf ist zu achten? Was muss ich selbst übernehmen, was kann ich mit Partnern lösen? Ihnen wollten wir eine Orientierungshilfe bieten«, sagt Jens Drawehn, der die Studie mit seiner Kollegin Verena Pohl verfasst hat. Beide arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeitende im Team »Angewandte KI« am Fraunhofer IAO.
Drawehn und Pohl haben 14 IT-Dienstleister zu ihren Erfahrungen befragt, um herauszufinden, wie KI genutzt werden kann, welche Leistungen interessierte Firmen von Anbietern erwarten können und auf welche Herausforderungen sie sich einstellen müssen. Ihren Fokus richteten sie dabei auf die Kundenkommunikation, weil dies ein wichtiger Geschäftsbereich ist, in dem ein hoher Nutzen zu erwarten ist. Wenn etwa Anfragen schnell und unkompliziert bearbeitet werden können, spart das nicht nur Zeit und Ressourcen, sondern verbessert auch die Beziehung zum Kunden. »Außerdem gibt es hier Anwendungsfälle, die sich recht einfach umsetzen lassen und auf denen man aufbauen kann«, sagt Drawehn.
Viele der Unternehmen fragen sich: Was kann ich von der KI erwarten?«
Jens Drawehn, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Team »Angewandte KI« am Fraunhofer IAO
Hoher Nutzen zu erwarten
Kundenanfragen sind für viele Betriebe tatsächlich eine Herausforderung. Sie treffen per Telefon, Mail, über Chats oder Fax ein, und alle Kanäle im Blick zu behalten, kann sehr anspruchsvoll sein. Manche haben allein mit dem Mailaufkommen zu kämpfen. »Hier eine einfache Lösung zu schaffen, bei der die Mails vorsortiert werden, wäre bereits eine Entlastung«, sagt Pohl. »Das lässt sich weiterdenken in Richtung automatische Antwortgenerierung, begleitet von einem Menschen, der den Antworttext überprüft.« Chatbots können ebenfalls die Mitarbeitenden entlasten und häufige Fragen zu Produkten und Dienstleistungen beantworten. »Manchmal gibt es aber auch einfachere und besser passende Lösungen, etwa ein kleines Onlineformular, in dem ich nur eintragen muss: Kunde X, Produktfehler Nummer sieben, bitte Ersatzteil schicken. Ein Chatbot wäre hier eher hinderlich«, ergänzt Drawehn. Daher lassen sich die besten Einsatzbereiche für KI nicht pauschal benennen. Jeder Betrieb hat andere Anforderungen. Es ist immer eine Frage von Aufwand und Nutzen.
Es gilt also zu entscheiden, welches Arbeitsfeld vereinfacht werden soll, an welcher Stelle ein KI-Einsatz oder eine Automatisierung sinnvoll wäre. »Wir beschreiben in der Studie Werkzeuge, die einem dabei helfen, den Anfang zu finden«, sagt Pohl. »Ein erster Schritt wäre, den betreffenden Fachbereich zu fragen: Welche Prozesse sind aufwendig? Was nervt am meisten? Diese Informationen sammelt man, kategorisiert sie anhand einer Matrix und entwickelt eine erste Idee.« Im nächsten Schritt ist zu klären, wie eine geeignete Lösung gestaltet werden kann.
Entscheidende Voraussetzungen
Die Verfügbarkeit der Daten ist laut Studie eine der größten Herausforderungen für Unternehmen. Mit der Datenqualität steht und fällt das Projekt. Sind die Kundeninformationen zwar vorhanden, aber nicht gut aufbereitet, fehlt die entscheidende Basis, um eine KI zu trainieren. »Eine Voraussetzung für den erfolgreichen KI-Einsatz ist und bleibt die Digitalisierung«, sagt Drawehn. »Denn ich möchte ja beurteilen können: Wie arbeitet die KI? Wie oft liegt sie richtig, wie oft falsch? Ich möchte sie weiter trainieren und verbessern. Das geht nur, wenn die Daten digital vorliegen.«
Für viele Betriebe heißt das: Sie brauchen eine Datenstrategie und müssen die eigenen Prozesse und Systeme so umstellen, dass die nötigen Daten künftig nebenher anfallen – in guter Qualität. Dies aufzubauen, braucht Zeit und ist mit Aufwand verbunden. Manche Kunden sind enttäuscht, wenn ihnen klar wird, was sie selbst an Vorarbeit leisten müssen. Sie hatten erwartet, mit der Technologie schnelle Verbesserungen erzielen zu können, aber so leicht ist das nicht. Und doch muss man irgendwo anfangen. »Hier gilt es, die Erwartungen etwas herunterzuschrauben, ohne zu entmutigen, und an einem konkreten Problem anzusetzen, lösbare Schritte aufzuzeigen«, sagt Pohl. Erste Erfolge lassen sich auch mit weniger Aufwand erreichen. Sobald das läuft, kann man es auf andere Bereiche ausweiten.
Wir beschreiben in der Studie Werkzeuge, die einem dabei helfen, den Anfang zu finden.«
Verena Pohl, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team »Angewandte KI« am Fraunhofer IAO
Datenkompetenz entwickeln
Ebenfalls wichtig für einen erfolgreichen Einsatz von KI ist ein Grundverständnis für den Umgang mit der Technologie. Hierfür hat das Fraunhofer IAO Schulungsmaßnahmen im Angebot, zu finden auf der Website des Instituts unter »Veranstaltungen«. Das zweitägige Seminar »Data Science und Künstliche Intelligenz« etwa vermittelt die Grundlagen der Datenanalyse mittels KI-Methoden, es richtet sich an Führungs- und Fachkräfte. Ein neues Format zur Vermittlung von KI-Basiswissen für ein breiteres Publikum wird gerade entwickelt. Dennoch bleibt die Frage, woher das Personal kommen soll, das die neuen Technologien beherrscht und im laufenden Betrieb betreut.
»Sind die Einstiegshürden zu hoch, wird es schwierig. Daher arbeiten wir daran, sie zu senken – ebenso die IT-Dienstleister und Softwarehersteller, mit denen wir gesprochen haben«, sagt Drawehn. »Hilfreich wäre eine in die Produkte integrierte KI, die auf Knopfdruck eine Funktion bereitstellt, ohne dass man verstehen muss, wie das im Hintergrund funktioniert. Wir sind dabei, so etwas für Szenarien zu entwickeln, in denen das mit wenig Aufwand möglich ist. Das heißt nicht, dass man die anderen Themen vernachlässigen kann. Digitalisierung, Datenverfügbarkeit und Datenkompetenz braucht man trotzdem.«