Felix Kuster läuft über den Parkplatz auf seinen Dienstwagen zu und streift sich das Sakko ab, am Revers klemmt das Logo der Firma Trumpf. Der 40-Jährige arbeitet für den Maschinenbauer als Außendienstler im Verkaufsgebiet Region Freiburg. Er hängt das Sakko ins Auto, setzt sich im weißen Hemd ans Steuer und rollt dann durch die Hofeinfahrt auf die Landstraße. Gerade hat er einen seiner Kunden besucht, die Metalltechnikfirma HFK in Willstätt bei Offenburg. Eine Stunde lang hat er mit dem Geschäftsführer in dessen Büro gesessen und über den geplanten Kauf einer Biegemaschine gesprochen, über eine Softwarelösung und eine technische Störung an einer anderen Maschine. Das alles schwirrt jetzt in Felix Kusters Kopf herum, während er auf die A 5 fährt und entlang des Schwarzwalds in Richtung Feierabend steuert: In zwei Stunden wird er zu Hause ankommen. »Ich verbringe bis zu 50 Prozent meiner Arbeitszeit hinterm Lenkrad«, sagt Felix Kuster. Dabei hätte er so viel zu tun: Was er eben mit dem Kunden besprochen hat, muss er in einen Bericht gießen. Zudem muss er sein Team anweisen, sich um die technische Störung zu kümmern. Und er muss dem Geschäftsführer ein schriftliches Angebot für die Biegemaschine zusenden. Doch jetzt ist das Einzige, was Felix Kuster tun kann, das Auto zu lenken und Telefonate mit Kundinnen und Kunden oder mit Leuten aus seinem Team zu führen. »Der größte Teil ist allerdings Totzeit«, sagt er.
Ich verbringe bis zu 50 Prozent meiner Arbeitszeit hinterm Lenkrad. Der größte Teil ist allerdings Totzeit.«
Felix Kuster, Außendienstmitarbeiter Trumpf SE + Co. KG
KI-basierte Assistenz
Im Frühjahr 2020 entstand am Fraunhofer IAO eine Idee, wie Außendienstler wie Felix Kuster diese Totzeit besser nutzen könnten. Wie wäre es, wenn sie einen digitalen, KI-basierten Assistenten bei sich hätten, der ihnen hilft, Berichte und E-Mails zu schreiben, Termine zu planen und Angebote zu verschicken? Ganz ohne Ablenkungsgefahr und per Sprachsteuerung direkt vom Fahrersitz aus. Bislang erledigt Kuster solche Arbeiten in der Mittagspause und im Feierabend. Eine erste Machbarkeitsstudie des Fraunhofer IAO zeigte: Er könnte 10 bis 15 Prozent Arbeitszeit durch einen digitalen Assistenten einsparen.
Es ist eine Idee mit gewaltigem Potenzial. Denn nicht bloß Felix Kuster und seine Kollegen des Maschinenbaugiganten Trumpf mit Sitz in Ditzingen bei Stuttgart haben mit der »Totzeit« zu kämpfen. Ein Blick in eine andere Branche lässt das Einsparpotenzial erahnen: Alleine die deutschen Versicherungskonzerne beschäftigten 2022 fast 30 000 Außendienstler.