Faszination Forschung: Lukas Block erzählt
Passionierter Problemlöser: Lukas Block, Leiter des Teams »Mobility Transformation«, erzählt, was Forschung für ihn bedeutet und welche Momente er am meisten schätzt.
Was mich schon als Kind angetrieben hat, war der Wissensdurst. Ich wollte verstehen, wie Dinge funktionieren, das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Nicht nur, um Wissen anzuhäufen, sondern daraus selbst etwas zu erschaffen. In der vierten Klasse sollten wir mal aufschreiben, was wir später werden wollten, und ich schrieb: Erfinder. Gemessen an meinem damaligen Verständnis war das nicht so weit entfernt von dem, was ich heute beruflich mache.
Dabei war für mich nicht von vornherein klar, dass ich in die Forschung gehen würde. Mich bewegte eher die Frage, wo ich am besten ausleben konnte, was mich begeisterte: dieser Prozess des Verstehens und Weiterdenkens. Das Fraunhofer IAO ist in dieser Hinsicht perfekt für mich, weil ich hier genau diesen Raum habe, um viel Neues zu lernen, Dinge miteinander zu verbinden damit Probleme aus der Praxis zu lösen.
Forschung funktioniert für mich so: Anfangs gilt es, sich viel Wissen anzueignen und ein tiefes Verständnis zu entwickeln, sowohl für das aktuelle Problem als auch für mögliche Lösungen, die aus dem eigenen Fachbereich oder aus anderen Feldern stammen können. Hat man alles Wichtige beisammen, ist es wie bei einem Puzzle: Anfangs liegen lauter Einzelteile vor einem, ein ziemliches Chaos. Und bei diesem Puzzle gibt es nicht einmal Ecken oder Ränder, die helfen könnten. Aber indem man anfängt und herumprobiert, bekommt man ein Gefühl dafür, welche Steine zusammenpassen könnten und welche man sogar aussortieren muss. Schließlich kommt die Kreativität ins Spiel, und das Ganze beginnt, sich zu ordnen, eine Lösung wird sichtbar. Das ist immer ein besonderer Moment. Im Grunde liebe ich es aufzuräumen.
Manchmal ist die Lösung auch ein neuer Ausgangspunkt. Das erlebte ich kürzlich wieder. Ein Automobilhersteller überlegte, wie er sein Fahrzeug kreislauffähiger, also besser recycelbar machen könnte. Das ist schwierig zu beantworten, weil viele Faktoren hier mit hineinspielen. Der Kunde bewegt sich in einem komplexen System, und dieses muss er erst einmal verstehen, auch seine Rolle darin, um eine gute Entscheidung treffen zu können.
Unser Ansatz ist, zunächst die Komplexität durch systemisches Denken herauszunehmen und das System modellhaft zu beschreiben, gemeinsam mit dem Kunden. Dadurch wird sein Problem greifbarer, er kann mithilfe des Modells Analysen erstellen oder Was-wäre-wenn-Fälle durchspielen und Handlungsoptionen erkennen. Der Kunde bekommt von uns also keine fertige Lösung präsentiert, sondern wir erarbeiten sie mit ihm gemeinsam, damit er selbst ein grundlegendes Verständnis entwickelt.
In dem Beispiel saßen wir mit Automobilherstellern und anderen Beteiligten zusammen und überlegten, woran die Einbettung in die Kreislaufwirtschaft in diesem Fall scheitert. Mit dem modellhaften Ansatz spielten wir den Weg einer Komponente innerhalb dieses Kreislaufs nach und erkannten unter anderem, dass es wenig sinnvoll war, bestimmte Teile zu verbessern, um sie recycelbar zu machen, wenn es niemanden gab, der sie am Ende ausbauen konnte, weil der Hersteller gar keinen Zugriff mehr auf den Wagen hat. Wir mussten daher an etwas ganz anderes denken.
Das erleben wir oft: dass wir mit zielführenderen, aber anders gelagerten Ansätzen aus dem Prozess herauskommen als anfangs gedacht. Dieser Erkenntnisgewinn führt dann aber zu stärkeren und wirtschaftlich nachhaltigeren Ergebnissen. Er kann uns zum Beispiel helfen, ein stimmigeres Geschäftsmodell oder Produkt zu entwickeln. Damit bin ich kein Erfinder im eigentlichen Sinne geworden, aber jemand, der anderen hilft, sich neu zu erfinden.