Ob CEO-Fraud, Datendiebstahl oder Ransomware: Bei der Mehrheit aller IT-Angriffe auf deutsche Unternehmen sind Mitarbeitende beteiligt. Der Mensch stellt als Einfallstor für Cyberangriffe ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Gleichzeitig gehört der »Sicherheitsfaktor Mensch« zu den am wenigsten adressierten Elementen der IT-Sicherheit.
Mit dem Lernlabor Cybersicherheit hat das Fraunhofer IAO gemeinsam mit der Hochschule Heilbronn sowie der Fraunhofer Academy einen innovativen Lernort geschaffen mit dem Ziel, für Menschen IT-Sicherheit erlebbar zu machen und so die Sicherheitsrisiken zu adressieren, die mit dem »Faktor Mensch« verbunden sind.
Um komplexe Angriffe und Abwehrtechnologien der IT-Sicherheit für breite Zielgruppen erleb- und erfahrbar zu machen, hat das Fraunhofer IAO eine immersive Simulationsumgebung geschaffen. Diese erlaubt einen Blick hinter die Kulissen, um die jeweiligen Teilnehmenden zu befähigen, zukünftig selbst Gefahren zu erkennen und die Tricks derer, die uns angreifen, kompromittieren, erpressen oder unser Firmenwissen entwenden wollen, zu durchschauen.
Im Lernlabor demonstrieren die Expertinnen und Experten, was hinter Begriffen wie Open Source Intelligence (OSINT) und Social Engineering steckt und wie diese Methoden von Angreifern mit technischen Komponenten verknüpft werden.
Teilnehmende können in unserer IT-Sicherheits-Erlebnis-Umgebung Angriffsstrategien mit Demonstratoren und in Rollenspielen selbst ausprobieren.
Seit vielen Jahren spezialisieren wir uns auf IT-Themen mit dem Menschen im Mittelpunkt. Im Rahmen des Lernlabors fokussieren wir insbesondere auf die folgenden Aspekte:
Unter Verwendung von empirischen Methoden untersuchen wir, wie sich Menschen im Bereich IT-Sicherheit verhalten. Wir ermitteln die Ursachen und Gründe für ihre Verhaltensweisen und untersuchen, wie diese positiv beeinflusst werden können.
Wir untersuchen, wie man IT-Sicherheit so gestalten kann, dass sie eine positive User Experience erzeugt, Marktbedürfnisse erfüllt und Nutzeranforderungen gerecht wird. Aufbauend auf empirischen Erkenntnissen werden interdisziplinäre Methoden eingesetzt und entwickelt, um eine menschengerechte Gestaltung zu ermöglichen.
Es werden Lehr- und Lernformate entwickelt, die eine aktive Beteiligung der Lernenden ermöglichen, praktische Versuche und Erlebnisse umfassen, um Grundprinzipen und Verständnis der Thematik und Theorie zu fördern. Darauf aufbauend werden Kompetenzen zur praktischen Lösung von Problemen vermittelt, sowie kritisches Denken und Reflektion und die Problemlösungsfähigkeiten der Lernenden gefördert
Es wird erforscht, welche Veränderungen in IT und Prozessen in Unternehmen erforderlich sind, um eine nachhaltige Verhaltensänderung von Miterarbeitenden zu unterstützen und wie dies optimal mit Weiterbildungen verbunden werden kann. Dazu gehört eine Verzahnung von externer Weiterbildung mit Lernschritten im Unternehmenskontext für die Umsetzung des Gelernten in sichere Routinen. Dafür werden wissenschaftliche Erkenntnisse bzw. Expertinnen und Experten zu Verhaltensänderung mit einbezogen.
Wir erforschen, wie sich der Erfolg von neuen Lehr- und Lernformen nachweisen und messen lässt. Das Ziel ist es nachweislich zu demonstrieren, dass die entwickelten Konzepte und Lernangebote in der Lage sind, mit dem »Faktor Mensch« verbundene Sicherheitsrisiken signifikant reduzieren.
Unser Labor verfügt über eine breite Palette hochmoderner Demonstratoren, die IT-Sicherheit in realistischen Umgebungen erlebbar machen. Diese verbinden eindrucksvoll den Einsatz von Methoden des Social Engineerings mit technischen Angriffskomponenten unter Einsatz neuester Technologien wie Künstlicher Intelligenz.
Einige der Demonstratoren sind dynamisch an unterschiedliche Einsatzszenarien anpassbar und können als mobile IT-Sicherheits-Erlebnis-Umgebungen für Weiterbildungen in Unternehmen eingesetzt werden.
Das Team des Lernlabors ist interdisziplinär aufgestellt und verbindet fundierte Kenntnisse in den Bereichen IT-Sicherheit, Psychologie und Didaktik. Die Teammitglieder:
Dr. Heiko Roßnagel ist Leiter des Teams Identitätsmanagement. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung aus zahlreichen nationalen und internationalen Forschungsprojekten und war Koordinator der EU-Projekte LIGHTest und FutureID. Er hat an der Technischen Universität Darmstadt Informatik studiert und an der Goethe-Universität in Wirtschaftswissenschaften promoviert. Seine aktuellen Forschungsinteressen liegen im Bereich IT-Sicherheit und Identitätsmanagement mit einem Fokus auf menschliche Faktoren, Wirtschaftlichkeit und Marktakzeptanz.
Dr. Mrudula Arunkumar ist Kognitionspsychologin mit mehrjähriger Erfahrung in der Verhaltensforschung. Sie hat an Instituten wie dem Max-Planck-Institut für Psycholinguistik und der Friedrich-Schiller-Universität Jena gearbeitet und experimentelle Forschung zum Verständnis von Lernprozessen bei Menschen in verschiedenen Kulturen durchgeführt. Derzeit beschäftigt sie sich am Fraunhofer IAO mit menschlichen Lernprozessen und Verhaltensänderung im Bereich der Cybersicherheit.
Dr. Christian Schunck ist Physiker mit langjähriger Forschungserfahrung in Deutschland, den USA (Berkeley, MIT) und Italien (Universität Rom). Seit über 15 Jahren arbeitet er im Bereich digitales Identitätsmanagement und IT-Sicherheit. Er beschäftigt sich mit organisatorischer IT-Sicherheit, OT-Sicherheit, sowie KI und dem Faktor Mensch in der IT-Sicherheit.
Prof. Dr. Jochen Günther ist Professor für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Heilbronn. Er ist zertifizierter »Project Management Professional« (PMP) nach dem Standard des PMI sowie SCRUM Master nach SCRUM Alliance. Bis 2016 war er als Projektleiter und stellvertretender Abteilungsleiter am Fraunhofer IAO in Stuttgart tätig und leitete zudem das Competence Center Videokommunikation der Fraunhofer-Gesellschaft.
Daniela Nedic-Petrovic hat Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Universität Stuttgart studiert. Sie ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) tätig. In ihrer Position am Fraunhofer IAO bringt sie langjährige Erfahrung im Bereich Mensch-Technik-Interaktion mit. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt darauf, das Bewusstsein für IT-Sicherheit bei Menschen zu stärken. Sie entwickelt Konzepte, um IT-Sicherheit nachhaltig in den Alltag von Menschen zu integrieren. Sie arbeitet daran, Technologien so zu gestalten, dass sie intuitiv und sicher im täglichen Leben genutzt werden können.
Dr. Salma Ben Mamia erwarb 2024 ihren Doktortitel am Labor für Elektronik und Mikroelektronik der Universität Monastir, Tunesien, in Zusammenarbeit mit dem LIRMM an der Universität Montpellier, Frankreich. Ihre Forschung konzentrierte sich auf innovative Methoden zur Bildverschlüsselung. Darüber hinaus war sie in der Forschung und Entwicklung im Bereich Datensicherheit bei Croesus in Partnerschaft mit der École de Technologie Supérieure in Montreal, Kanada, tätig. Als Python-Entwicklerin war sie bei PAD Peripheral Advanced Design in Longueuil, Quebec, Kanada, im Einsatz. Ihre aktuellen Forschungsinteressen umfassen IT-Sicherheit und Identitätsmanagement mit Schwerpunkt auf menschlichen Faktoren.