Herausforderung
Feinstaubalarm, Schadstoffbelastung, Parken in zweiter Reihe: Der innerstädtische Lieferverkehr sorgt für dicke Luft. Um Pakete künftig emissionsfrei zu liefern, hat die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) zusammen mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart und dem Fraunhofer IAO das Pilotprojekt »logSPAZE – Alternative Zustellkonzepte für die Stuttgarter Innenstadt« gestartet. Hier werden – gemeinsam mit der Kurier-, Express- und Paketwirtschaft – innovative Lösungen für eine stadtverträgliche Logistik erarbeitet, getestet und evaluiert. Steffen Raiber, Projektleiter am Fraunhofer IAO, beleuchtet mit Ralph Schäfer von UPS und Dr. Michael Münter von der LHS die unterschiedlichen Aspekte.
Welches Ziel verfolgt das Pilotprojekt logSPAZE?
Wissenschaft: Wir testen mit der Stadt und Logistikdienstleistern wie UPS, wie man auf den letzten Kilometern vom Laster auf eine umweltfreundliche Lösung umsteigen kann. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass im Stuttgarter Innenstadtbereich branchenabhängig bis zu 50 Prozent der Waren emissionsfrei angeliefert werden könnten. Unser Ziel ist es, im Zuge des Pilotprojekts bei den Partnerunternehmen 75 Prozent des Paketaufkommens mit alternativen Zustellmöglichkeiten abzudecken.
Wie ist die Ausgangssituation im innerstädtischen Lieferverkehr und welche Services sollen konkret realisiert werden?
LHS: Wir diskutieren schon länger das Thema E-Mobilität in der Stadtlogistik. Insbesondere unsere Innenstadt gleicht einem Umschlagplatz für den Güterverkehr. Allein auf der Königstraße werden monatlich 30 000 Pakete zugestellt, in der gesamten Innenstadt sind es sogar über 300 000. Die Folgen, wie eine hohe Luftbelastung, haben wir deutlich zu spüren bekommen. Es war also höchste Zeit, sich mit effizienteren und umweltgerechteren Belieferungskonzepten zu beschäftigen. Mit der CO2-freien Paketzustellung wollen wir die Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserer Stadt steigern; ein wichtiger Schritt hin zu einer zukunftsfähigen Innenstadtlogistik.
UPS: Mit unseren Lastenrädern setzen wir im innerstädtischen Lieferverkehr schon heute erfolgreich auf die Mobilität von morgen. Konkret stehen in Stuttgart zwei innerstädtische Mikro-Depots in Form von Lkw-Containern. Dort werden die Pakete an- und dann mit Sackkarren und Lastenfahrrädern ausgeliefert. Unser Ziel ist es, von den fünf UPS-Lieferfahrzeugen im Innenstadtbereich nur noch eines zur Zustellung von größeren Waren einzusetzen.
Was sind die zentralen Herausforderungen beim Umstieg auf alternative Zustellkonzepte?
LHS: Wir haben unter anderem Flächen für mobile Depots bereitgestellt – das ist nicht einfach in der Stuttgarter City. In der Verwaltung arbeiten wir ämterübergreifend eng zusammen und schaffen Transparenz zwischen Stadtverwaltung und Unternehmen.
UPS: Für die Mikro-Depots war die Standortwahl entscheidend. Dabei ist die Möblierung des öffentlichen Raums mit Container sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Eine Überlegung ist, solche Verteilerstationen zukünftig in Parkhäusern zu integrieren.
Welche konkreten Erwartungen haben Sie an den Stuttgarter Modellversuch?
Wissenschaft: Blicken wir über den Stuttgarter Kesselrand hinaus, dann sehen wir, dass die Paketzustellung eins von vielen Beispielen ist, wie man Innenstadtlogistik zukunftsfähig gestalten kann. Generell könnten Lastenräder überall dort sinnvoll sein, wo heutzutage noch schwere Lieferfahrzeuge fahren, um wenige Kilogramm über wenige Kilometer zu transportieren.
LHS: Wir wollen, dass sich die Luft und damit auch die Lebensqualität in unserer Stadt verbessern. Gleichzeitig müssen sowohl kommerzielle als auch private Empfänger zuverlässig mit Waren und Gütern versorgt werden können. Der Modellversuch soll zeigen, dass sich diese Punkte nicht widersprechen und dass die getesteten Konzepte eine tragfähige Alternative sind.