Damit Deutschland seine Spitzenposition als Kongress- und Tagungsstandort auch künftig behält, haben das GCB German Convention Bureau e. V. und der EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e. V. gemeinsam mit dem Fraunhofer IAO den Innovationsverbund »Future Meeting Space« initiiert. Ziel ist es, Entwicklungen in der Veranstaltungsbranche frühzeitig vorauszudenken und Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Wie sich die Forschung dazu gestaltet und was sie sich vom Projekt erhoffen, erzählen Matthias Schultze, Managing Director des GCB, und Dr. Stefan Rief, Leiter Workspace Innovation am Fraunhofer IAO.
Herr Dr. Rief, wie erforschen Sie Veranstaltungen? Sie sind ja nicht so greifbar wie etwa neue Technologien.
Rief: In der ersten Forschungsphase haben wir in den fünf Handlungsfeldern Technologie, Gesellschaft, Methodik/Didaktik, Infrastruktur und Mobilität intensiv nach zukünftigen Entwicklungen recherchiert, die Veranstaltungen verändern könnten. Ergänzend zu diesen umfangreichen Recherchen sowie unserer exklusiven eigenen Expertise haben wir unterschiedlichste Stakeholder eingebunden und Expertenworkshops geführt. So haben wir sechs zukünftige Veranstaltungsszenarien räumlich, organisatorisch und technologisch entwickelt und beschrieben. Das Ergebnis ist also sehr greifbar!
Aktuell wollen wir mehr über die Teilnehmenden herausfinden und sogenannte Teilnehmertypologien identifizieren. Also: nicht nur das Alter oder die Qualifikation, sondern insbesondere unterschiedliche Motive und typabhängige Eigenschaften wie Kommunikationsfreude oder Introvertiertheit. Diese Typen spiegeln wir an unterschiedlichen Veranstaltungsformaten und -elementen und wollen so herausfinden, was bei welchem Teilnehmertyp am wirksamsten ist.
Sie ermitteln also verschiedene Teilnehmertypen. Werden Veranstaltungen künftig entsprechend persönlicher Vorlieben maßgeschneidert?
Rief: Wir erwarten, mehr über die Bedürfnisse unterschiedlicher Personengruppen und Charakter zu erfahren – jenseits einer reinen Branchenzuordnung, wie sie heute üblich ist. Mit der Identifikation umfassender Teilnehmertypen und dem Wissen, wie unterschiedliche technologische und methodische Elemente auf diese einwirken und welchen Einfluss diese Elemente auf Erfolgsfaktoren wie Wissensvermittlung, Lernerfolg und Erlebniswert haben, betreten wir in der Branche wissenschaftliches Neuland – auch international.
Werden Veranstaltungen in zehn Jahren nur noch digital und virtuell sein?
Schultze: In der ersten Forschungsphase haben wir dazu Szenarien wie »Analog Total« entwickelt. In unserer Forschung hat sich gezeigt, dass gerade für die Entwicklung von Innovation ein physisches Beisammensein von großem Mehrwert ist. Trotzdem werden hybride Veranstaltungen, die eine Erweiterung des Teilnehmerkreises in den virtuellen Raum erlauben, vollkommen normal sein. Viele reale Meetings werden sogar aus virtuellen Netzwerken resultieren.
Wie offen ist die Branche für Vorschläge und Ideen?
Schultze: Im Zeitalter rasanter technologischer Entwicklungen und immer kürzerer Innovationszyklen schaut die Veranstaltungsbranche neugierig auf künftige Entwicklungen. Tagungen, Kongresse und Events sind Plattformen für den Austausch von Erfahrungen und Ideen. Sie fördern Innovation sowie Wissenstransfer und die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Sie dienen der Völkerverständigung und sind Spiegel der Gesellschaft sowie Impulsgeber für politische, wirtschaftliche, wissenschaftliche und soziale Prozesse.
Und was für ein Teilnehmertyp sind Sie, Herr Rief?
Rief: Teilnehmertypen selbst können wir noch nicht beschreiben. Wir haben aber in unserer Umfrage eine Feedbackfunktionalität eingebaut, die anonyme Vergleiche zulässt. Ich kann also die eigene Motivation, das eigene Lernverhalten usw. dem Datensatz gegenüberstellen. Ich selbst bin in jedem Fall der neugierige Typ und lerne vor allem, indem ich Dinge selbst mache.