Die Bauwirtschaft ist eine der wenigen Branchen, die bisher kaum in KI-Technologien investiert. Die Ausgaben der Bauunternehmen in diesem Bereich sind so niedrig, dass sie in der Statistik des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) über den Einsatz von KI in der deutschen Wirtschaft nicht erfasst worden sind. Ein Blick in Nachbarländer wie z.B. Norwegen oder die USA zeigt, dass die digitale Transformation im Bauwesen hohes Potenzial für den wirtschaftlicheren und effizienteren Lebenszyklus von Bauprojekten birgt.
»Mit unserer Studie möchten wir umfassende Aufklärungsarbeit für alle im Bauwesen Beschäftigten leisten« betont Alexandros Giannakidis, Studienautor und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Team »Building Culture Innovation« am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Er ist sich sicher, dass die Baubranche schnell aufholen muss und kann. »Die reifen Früchte hängen praktisch schon zur Ernte bereit« so seine Einschätzung zum Einsatzpotenzial von KI-Lösungen im Bauwesen.
KI-Lösungen können Bauprojekte beschleunigen und Kosten sparen
Die Beispiele für den Einsatz von KI in der Bauwirtschaft reichen vom Projektmanagement über die Baustellensicherheit bis hin zur generativen Planung in Büros. Dabei schlummern im Projektmanagement nach Meinung der Expert*innen und auch nach messbaren Zahlen aus einem in der Studie zitierten Whitepaper eines norwegischen Unternehmens die größten Potenziale. Anhand von digitalen Modellen bis hin zu einem digitalen Zwilling lassen sich Bauprojekte für alle Beteiligten in allen Phasen darstellen. Mit KI-Lösungen können die Planer*innen verschiedene Lösungen simulieren, um beispielsweise die Dauer und die Kosten für ein Projekt zu minimieren oder Alternativen durchzuspielen. Wenn die Dinge nicht nach Plan verlaufen, kann eine KI-Lösung Alternativen vorschlagen. Besonders wichtig ist in Krisenzeiten auch die Reaktionszeit: wer beispielsweise bei Lieferengpässen schneller reagieren kann als die Konkurrenz, ist klar im Vorteil. Die Studienautor*innen stellen verschiedene solcher KI-Lösungen vor, die von Start-Ups angeboten werden.
Datenschutz und Ethik sind wichtige Erfolgsfaktoren für KI-Projekte
Ein weiterer wichtiger Einsatzbereich für den Einsatz von KI ist die Stadtplanung. KI kann hier helfen, schon vor dem Bau von Quartieren oder öffentlichen Bauwerken die Partizipation von Bürger*innen zu fördern. Auf Knopfdruck lassen sich unterschiedliche Szenarien mit ihren jeweiligen Auswirkungen auch in Bezug auf Kosten und Umsetzungsdauer anschaulich darstellen. Um dem Thema Datenschutz hier gerecht zu werden, sind bereits einige Start-ups dabei, alternative Lösungen zu Google & Co. zu entwickeln, die den strengen Auflagen bei öffentlichen Projekten genügen. Auch bei den Themen Sicherheit und Gesundheitsschutz bieten KI-Lösungen Abhilfe für zahlreiche Risiken: Drohnen können ungeschützte Gefahrenstellen identifizieren, gefährliche Aufgaben wie eine Vermessung in großen Höhen übernehmen oder Kollisionen zwischen Mensch und Maschine verhindern. Grundvoraussetzung dafür ist es, dass die Lösungen akzeptiert werden und nachvollziehbar sind, indem z.B. mit anonymisierten Daten gearbeitet wird und klar ist, dass KI nicht zu Überwachungszwecken, sondern zur Förderung der Sicherheit eingesetzt wird.
Die Beispiele zeigen, dass die Umsetzung von KI-Lösungen auch eine große Verantwortung mit sich bringt. Deswegen hat das Fraunhofer IAO für die Studie die Bauingenieurin Bianca Weber-Lewerenz mit ins Boot geholt. Sie forscht zu Corporate Digital Responsibility (CDR) und ethischen Grundsätzen in der Digitalisierung und KI und sagt: »Ethik ist kein Hemmschuh, sondern sollte als Katalysator dienen.«
Die Studie steht ab sofort kostenlos auf der Webseite des KI-Fortschrittszentrums zur Verfügung und ist Teil der KI-Publikationsreihe. Interessierte Unternehmen haben die Möglichkeit, im Rahmen von so genannten Exploring Projects und Quick-Checks in Kooperation mit dem KI-Fortschrittszentrum KI-Pilotprojekte umzusetzen.