Gesellschaftlich relevante Themen, wie das richtige Verhalten in Notsituationen oder gesundheitliche Vorsorge, finden selten ihren Weg in den öffentlichen Diskurs, obwohl jeder von uns betroffen sein kann. Dabei können Hilfestellungen und nutzerzentrierte Lösungsansätze unter Berücksichtigung des individuellen Verhaltens nicht nur Fehlverhalten vorbeugen, sondern auch eine Stütze im Alltag bieten. Anne Bansen beschäftigt sich als wissenschaftliche Hilfskraft am Center for Responsible Research and Innovation CeRRI des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO mit genau diesen Themen auf gestalterische und wissenschaftlich-technische Weise. Für ihre besonderen Design-Leistungen wurde sie nun von der Jury des German Design Award zur Newcomerin des Jahres gekürt. Für die dotierte Auszeichnung wurde sie von Vertreter*innen der Hochschulen und dem Rat für Formgebung nominiert. Als eine von fünf Finalist*innen wurde ihr Portfolio hinsichtlich konzeptioneller Qualität, Gestaltungsqualität, technischer und formaler Eigenständigkeit, Entwicklungspotenzial, Innovationsgrad, sowie symbolischem und emotionalem Gehalt bewertet und ausgezeichnet.
Design entsteht nicht am Schreibtisch, sondern im Austausch mit Menschen
In ihrer Arbeit betrachtet Anne Bansen besonders das Thema Sicherheit im Alltag aus Design-Perspektive und bezieht das emotionale und kognitive Nutzenerlebnis stark in ihre Projekte mit ein. Zu den ausgezeichneten Arbeiten ihres Portfolios gehören unter anderem das Notfallmonster »NoMo«, die smarte Pillenbox »Pillbuddy« und das Verpackungskonzept »Tast(e) Food«. Den User-zentrierten Designansatz für »NoMo« entwickelte die junge Designerin als Abschlussprojekt ihres Bachelorstudium an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, welches sie im Bereich Industrial Design mit Auszeichnung abschloss. »NoMo« ermöglicht ein spielerisches Erlernen und Auffrischen von Erste Hilfe Maßnahmen für Erwachsene und Kinder. Im Falle eines lebensbedrohlichen Notfalls mit Säuglingen oder Kleinkindern vereinfacht, unterstützt und begleitet der kleine Helfer die lebensrettenden Maßnahmen. Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit Eltern entwickelt, denn Anne Bansen ist der Meinung: »Design kann niemals allein am Schreibtisch entstehen, sondern lebt von Gesprächen, Beobachtungen und Austausch«.
Der Alltagshelfer »Pillbuddy« vereinfacht die Einnahme von Medikamenten in Pillenform. Er ist personalisierbar und beinhaltet so individuelle Medikationspläne und Wechselwirkungen. Auf Grundlage dessen wird an Medikamenteneinnahmen erinnert und das Befüllen einzelner Pillenboxen vereinfacht. Durch visuelles Feedback ist das Befüllen auch durch Verwandte oder Pflegepersonal möglich. Auch mit dem Projekt »Health Fiction 2047« ihres Portfolios widmet sich Anne Balsen der Gesundheitspflege und betrachtet Design Fiction aus Sicht der Wissenschaft. Mit »Tast(e) Food« entwirft die Designerin ein alternatives Konzept zum Mindesthaltbarkeitsdatum, das Lebensmittelverschwendung reduzieren soll. Basierend auf einer strukturverändernden Siegelfolie kommunizieren Verpackungen mit ihren Konsument*innen. Sie detektieren bio-chemische Veränderungen innerhalb der Schutzatmosphäre der verpackten Lebensmittel und machen diese nach außen sicht- und fühlbar. »Tast(e) Food« ist somit barrierefrei, interkulturell und über Sprachbarrieren hinaus verständlich.
Zukunftsprojekte: Wie Digitalisierung Sprachbarrieren aufheben kann
Neben ihrer Arbeit für das Fraunhofer IAO schreibt sie momentan an ihrer Masterarbeit im Bereich Design an der FH Potsdam. Im Fokus steht hier das Thema »Sprachbarrieren« und die Frage, wie Digitalisierung dabei helfen kann, diese zu überwinden. Ein Beispiel dafür ist die Fachsprache im Dialog zwischen Ärzt*innen und Patient*innen. Anne Bansen möchte mit ihrer Forschung die Selbstwirksamkeit und Ermächtigung von Patient*innen fördern.